Land der Grafik. Konjunktur eines Mediums in der DDR (Greifswald, 14-16 Jan 16)

Greifswald, Alfried Krupp Wissenschaftskolleg, 14. – 16.01.2016
Anmeldeschluss: 10.01.2016

Die DDR war ein „Land der Grafik“. Diese pointierte Diagnose ist unter Fachleuten seit langem Konsens. Begründet wird sie vor allem mit der Sonderstellung der Grafik im sozialistischen Kunstbetrieb. Für ihre „exemplarische Höhe“ (Friedrich Dieckmann) lassen sich neben der Vielzahl an herausragenden Grafikerinnen und Grafikern in der DDR ebenso Eigenheiten des Kunstsystems anführen.

Die systemischen Grundlagen für die Etablierung und erwiesene Exzellenz der grafischen Künste in der DDR reichen vom relativen Desinteresse der SED-Kulturpolitik an dieser Kunstform über die sich in den Kupferstichkabinetten der Museen öffnenden Freiheitsgrade und die staatlich geförderte Existenz von „vorzüglich eingerichteten und wohldotierten Werkstätten“ (Wolfgang Hütt) bis zum generell hohen Stellenwert einer auf die Kunst der Zeichnung und das Erlernen grafischer Techniken abstellenden „Grundlagenausbildung“ an den künstlerischen Fach- und Hochschulen.

Diese Sonderrolle spiegelt sich auch in der Bedeutung der Grafik bei der Durchsetzung einer kulturell-künstlerischen Alternative in der DDR. Hier spielte die Grafik eine wesentliche Rolle in den Etablierungsprozessen einer künstlerischen Sub- und Gegenkultur (Mail art, originalgrafische Zeitschriften, Pressen, Text-Grafik-Editionen, Siebdruck als Alternativmedium). In diesem Zusammenhang wurde die Grafik neben einem „Refugium der Künste“ vor allem in den 1970er und 1980er Jahren auch zu einem „Medium der Freiheit“.

Im Gegensatz zu einer forcierten Thematisierung von Tafelbild, Wandbild und Monumentalplastik – die als Kerngattungen des „Sozialistischen Realismus“ den bildkünstlerischen Diskurs in der DDR und auch nach 1989 weitgehend die Auseinandersetzungen im „deutsch-deutschen Bilderstreit“ bestimmten – fehlt bislang eine rekonstruierende, den spannungsvollen Zusammenhang zwischen Akteuren, Institutionen und Kunstmodellen einbeziehende Gesamtsicht auf das facettenreiche Phänomen der „Grafik in der DDR“.

Die paradox erscheinende Fehlstelle einer Wertschätzung des Themas ist Ausgangspunkt der Greifswalder Tagung „Land der Grafik. Konjunktur eines Mediums in der DDR“, die sich erstmals umfassend dieser Kunstform aus interdisziplinärer Perspektive von Kunstgeschichte, Kulturwissenschaft, Zeitgeschichte und Kunstsoziologie widmet.

Die Tagung steht im Zusammenhang mit dem vom Staatlichen Museum Schwerin und dem Dresdner Institut für Kulturstudien initiierten überregionalen Ausstellungs- und Forschungsprojekt „Land der Grafik“ und ist zugleich die 6. Tagung des Arbeitskreises „Kunst in der DDR“. Ihr Ziel ist ein formativer Beitrag zur Rekonstruktion des bislang weitgehend unbeachtet gebliebenen Kommunikationssystems „Grafik in der DDR“. Dabei setzt die Tagung Schwerpunkte im Hinblick auf die Darstellung kontextueller Rahmenbedingungen (Kulturpolitik, Hochschule, Kunstvermittlung, Transfer) und ebenso durch die Einbeziehung regionaler Künstlerschulen und herausragender Akteursrollen von Grafikern, Sammlern, Museumsleuten, Kunstmittlern und Druckern.

Der aus der Tagung resultierende und im Sommer 2016 erscheinende Tagungsband soll als Referenzwerk für die weitere Beschäftigung mit der ostdeutschen Kunst dienen und den bisherigen Forschungsstand zur Kunst in der DDR auch im Hinblick der immer noch offenen Bewertung dieser Kunst komplettieren. Zugleich steht das Buch als begleitende Publikation den weiteren Ausstellungen im Verbundprojekt „Land der Grafik“ zur Verfügung und setzt als Band 3 die Schriftenreihe des Arbeitskreises „Kunst in der DDR“ fort.

Paul Kaiser und Sigrid Hofer

Institutionelle Träger/ Organisatoren:
Dresdner Institut für Kulturstudien, Alfred Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald, Staatliches Museum Schwerin

Wissenschaftliche Kooperationspartner:
Institut für Kunstgeschichte der Universität Marburg (Arbeitskreis „Kunst in der DDR“) und SMWK-Verbundsprojekt „Westkunst/Ostkunst. Kunstsystem und ‚Geltungskünste‘ im geteilten und wiedervereinigten Deutschland zwischen 1945 und 2000“ (Institut für Soziologie an der Technischen Universität Dresden und Institut für Kunstgeschichte an der Universität Leipzig)

Kontakt: hofer@fotomarburg.de und Paul.Kaiser@tu-dresden.de

Tagungsprogramm

Donnerstag, 14. Januar 2016
Ausstellungseröffnung, Abendvortrag
und einführende Podiumsdiskussion

18:00
Eröffnung der Kabinettausstellung »Außer Kontrolle! Farbige Grafik und Mail Art« des Staatlichen Museums Schwerin in den Räumen des Alfried Krupp Wissenschafts- kollegs durch Christina Katharina May (Schwerin)

19:00
Prof. Dr. Karl-Siegbert Rehberg (Dresden):
Der Bilderstreit um die Kunst aus der DDR als Stellvertreterdebatte der deutschen Wiedervereinigung

20:00
Einführende Podiumsdiskussion zum Tagungsthema
mit dem Publizisten Dr. Friedrich Dieckmann (Berlin)
der Kunsthistorikerin Prof. Dr. Sigrid Hofer (Marburg)
dem Grafiker und Hochschullehrer Prof. Ulrich Hachulla (Leipzig) dem Kultursoziologen Prof. Dr. Karl-Siegbert Rehberg (Dresden) dem Galeristen Robert Dämmig (Ahrenshoop)
unter Moderation von Dr. Christian Suhm (Greifswald)

Freitag, 15.Januar 2016
Ganztägiger Konferenztag
mit Abendempfang

09:30
Grußworte/Begrüßung
Prof. Dr. Bärbel Friedrich (Wissenschaftliche Direktorin der Stiftung Alfried Krupp Kolleg Greifswald)
Dr. Dirk Blübaum (Direktor des Staatlichen Museums Schwerin) Cornelius J. Fetsch (Vorstand des Dresdner Institutes für Kulturstudien)

10:00
Dr. Friedrich Dieckmann (Berlin):
Die DDR als Land der Grafik. Beobachtungen zur Wirkungsmacht eines künstlerischen Kommunikationsmittels

10:40
Dr. Paul Kaiser (Dresden):
Das »System Grafik« in der DDR. Akteure, Institutionen, Freiräume und Grenzen – eine unvollständige Einführung in systematischer Absicht

11:20 Pause

11:40
Prof. Dr. Sigrid Hofer (Marburg):
Autonomiekonzepte in der Grafik der DDR. Editionen, Druckwerkstätten, Pressen als Foren bonkonformer Kunst

12:20
Prof. Dr. Gerrit-Jan Berendse (Cardiff ):
Intermedialität zwischen Literatur und Grafik am Beispiel originalgrafischer Editionen und Mappenwerke

13:00 Mittagspause

14:30
Brigitta Milde (Chemnitz):
Selbstbehauptung in der Nische. Vom Grafiksammeln in der DDR

15:10
Prof. Dr. Kai-Uwe Schierz und Cornelia Nowak (Erfurt):
100 ausgewählte Grafiken. Zur Veröffentlichung und Popularisierung von Künstlergrafik durch den Staatlichen Kunsthandel der DDR

15:50
Dr. Carolin Quermann (Dresden):
Labor und Künstlertreffpunkt. Zu Geschichte und Arbeitsalltag der Grafikwerkstatt Dresden

16:30 Pause

16:50
Dr. Kornelia Röder (Schwerin):
Von der Farbgrafik zur Mail Art. Sammlungsstrategien am Staatlichen Museum Schwerin vor 1989

17:30
Dr. Kathleen Krenzlin (Berlin)
Von der Galerie am Prater zur Kommunalen Kunstsammlung Pankow

18:00 Ende des Tagungstages

19:00
Eröffnung der Kabinettausstellung »Resonanz & Refugium. Romantik in der Grafik der DDR« im Caspar- David-Friedrich-Zentrum Greifswald durch den Kurator Dr. Paul Kaiser (Dresden).
Ein Gemeinschaftsprojekt zwischen der Caspar-David- Friedrich-Gesellschaft und dem Dresdner Institut
für Kulturstudien

20:00
Abendempfang in den Räumen des
Alfried Krupp Wissenschaftskollegs

Samstag, 16.Januar 2016
Halber Konferenztag
mit Abschlussdiskussion

09:30
Begrüßung

09:40
Dr. Dorit Litt (Bonn):
Farbige Grafik in Halle/S. zwischen 1945–1960 und ihr internationaler Erfolg

10:20
Dr. Rosa von der Schulenburg (Berlin):
Von den Zehn Geboten der sozialistischen Moral zu Heiner Müllers »Mauser«. Meisterschüler-Grafik an der Akademie der Künste, Ost (1950 –1993)

11:00 Pause

11:20
Jörg-Heiko Bruns (Erfurt)
Alternative Grafik-Galerien als Mittlerinstitutionen: Das Kunstkabinett Hötensleben bei Magdeburg (1964–1974)

12:00
Abschlussdiskussion mit den Tagungsleitern Prof. Dr. Sigrid Hofer (Marburg), Dr. Paul Kaiser (Dresden), Dr. Kornelia Röder (Schwerin) und Dr. Christian Suhm ( Greifswald)

Tagungsinformationen:
Die Teilnahme an der Tagung ist nach erfolgter Anmeldung kostenfrei. Bitte nehmen Sie die Anmeldung bis spätestens zum 10. Januar 2016 vor.

Weitere Informationen:
www.kulturstudien-dresden.de
Veranstalter:
Dresdner Institut für Kulturstudien, Staatliches Museum Schwerin, Arbeitskreis »Kunst in der DDR« in Zusammenarbeit mit dem Alfried Krupp Wissenschaftskolleg Greifswald

Ort:
Alfried Krupp Wissenschaftskolleg, Martin-Luther-Straße 14, 17489 Greifswald

Tagungsleitung:
Prof. Dr. Sigrid Hofer (Universität Marburg),
Dr. Paul Kaiser (Dresdner Institut für Kulturstudien) und Dr. Kornelia Röder (Staatliches Museum Schwerin)

Anmeldung:
www.wiko-greifswald.de/de/anmeldung und info@kulturstudien-dresden.de

Kontakt:
Dr. Paul Kaiser (p.kaiser@kulturstudien-dresden.de) Prof. Dr. Sigrid Hofer (hofer@fotomarburg.de)

Förderer:
Fritz Thyssen Stiftung
Stiftung Alfried Krupp Kolleg Greifswald

Wissenschaftliche Partner:
SMWK-Verbundprojekt »Westkunst/Ostkunst« BMBF-Verbundprojekt »Farbe als Akteur und Speicher


Quellennachweis:
CONF: Land der Grafik. Konjunktur eines Mediums in der DDR (Greifswald, 14-16 Jan 16). In: H-ArtHist, 19.12.2015. Letzter Zugriff 21.12.2015. <http://arthist.net/archive/11753>.

Kunstsammlung Jena zeigt Ausnahmekünstler Ticha

Lisa Berins, in: Thüringische Landeszeitung, 12.12.2015

Ticha, der Ausnahmekünstler, der Kritiker, der Außenseiter, der Augenzwinkerer – für viele, die die DDR miterlebt haben, ist der 1940 im heute tschechischen Tetschen-Bodenbach geborene Künstler als eine Art kultige Nischenerscheinung – vor allem als Buch- und Zeitschriften-Illustrator – bekannt. Seine Malerei, die großen Leinwände, hortete Ticha jahrelang in seiner Wohnung am Prenzlauer Berg in Berlin: Gezeigt wurden sie in der DDR kaum. weiterlesen…

Bis 10. Apr., Di, Mi, Fr 10-17 Uhr, Do 15-22 Uhr, Sa-So 11-18 Uhr, www.kunstsammlung.jena.de

 

Neuerscheinung: Marlene Heidel, Bilder außer Plan

Heidel, Marlene. 2015. Bilder außer Plan: Kunst aus der DDR und das kollektive Gedächtnis. Lukas Verlag für Kunst- und Geistesgeschichte. Verlagsseite

siehe auch: rbb, Stilbruch, ‚Bilder außer Plan‘ – Die DDR-Kunst im Kunstarchiv Beeskow, 03.12.2015 

Maler Arno Rink präsentiert sich brillant und waghalsig – Werkschau mit 60 Arbeiten im Museum für aktuelle Kunst in Durbach

Jürgen Haberer, in: baden-online, 1.12.2015:

Der Maler Arno Rink zählt zu den herausragenden Vertretern der Leiziger Schule. Nach seiner ersten großen Werkschau in Rostock im Sommer dieses Jahres, zeigt nun das Museum Hurrle in Durbach einen Querschnitt durch das Lebenswerk des mittlerweile 75-Jährigen. weiterlesen…

Werkschau Arno Rink, Museum für aktuelle Kunst, Durbach, bis 16. April. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag 14 bis 18 Uhr, Samstag/Sonntag, 11 bis 18 Uhr. Weihnachten (25. und 26. Dezember) geöffnet, Heiligabend, Silvester und Neujahr geschlossen.

Sonderausstellung der Galerie Albstadt: „Clara Mosch 1977-1982 – Kunst in der DDR zwischen Repression und Selbstbestimmung“

Schwarzwälder-Bote, 25.11.2015:

Die laufende Sonderausstellung der Galerie, „Clara Mosch 1977-1982 – Kunst in der DDR zwischen Repression und Selbstbestimmung“, ist einer Gruppe junger Künstler aus Karl-Marx-Stadt, dem heutigen Chemnitz, gewidmet, die sich in den 1970er Jahren zusammengetan und aus den Initialen ihrer Namen ein kollektives Pseudonym gebildet hatten: Clara Mosch – das waren Carlfriedrich Claus, Michael Morgner, Gregor-Torsten Schade, Thomas Ranft und Dagmar Ranft-Schinke. Kennengelernt hatten sie sich an der Hochschule für Graphik und Buchkunst in Leipzig, doch ihre Wirkungsstätte sollte Karl-Marx-Stadt werden, wo es keine Kunst-und Musikschule gab. Die Fünf experimentierten mit neuen Kunstformen, vermischten Graphik, Malerei, Fotografie und Plakatdesign – unter anderem entstand dabei ein DDR-Personalausweis der besonderen Art. weiterlesen…

CLARA MOSCH 1977-1982. Kunst in der DDR zwischen Repression und Selbstbestimmung, Laufzeit: 25. Oktober 2015 – 28. Februar 2016

http://www.albstadt.de/staedtische-galerie/aktuelle-ausstellungen

Ausstellung in Schwerin: Außer Kontrolle! Mail Art in der DDR

Kornelia Röger im Gespräch mit Stephan Karkowsky, Deutschlandradio Kultur, 19.11.2015

No fee, no jury, no return – das war das Motto der „Mail Art“, einer fast vergessenen Kunstform, die in den 1960er Jahren in den USA entstand und wenig später nach Europa schwappte. Auch in der DDR war sie populär – wie eine Ausstellung in Schwerin zeigt. weiterlesen…

20. November 2015 bis 14. Februar 2016, Schloss Güstrow, http://www.museum-schwerin.de/austellungen/ausstellungen-2015/experimentell-subversiv/

Siehe auch: http://www.svz.de/lokales/guestrower-anzeiger/botschaften-in-zeiten-von-zensur-id11284471.html

Kunstausstellung in Sangerhausen: Schmied trifft Selfie

Lucas Wölbing, in: Mitteldeutsche Zeitung, 16.11.2015
In der Kylischen Straße in Sangerhausen sind 18 Gemälde des Künstlers Wilhelm Schmied ausgestellt. Was der DDR-Maler und die Facebook-Fotos von Jugendlichen gemeinsam haben? weiterlesen…

Rezension: Karl-Siegbert Rehberg / Paul Kaiser (Hgg.): Bilderstreit und Gesellschaftsumbruch

Jérôme Bazin: Rezension von: Karl-Siegbert Rehberg / Paul Kaiser (Hgg.): Bilderstreit und Gesellschaftsumbruch. Die Debatten um die Kunst aus der DDR im Prozess der deutschen Wiedervereinigung, Berlin / Kassel: B&S Siebenhaar 2013, in: sehepunkte 15 (2015), Nr. 11:

Nach mehreren Überblicksbüchern und Ausstellungskatalogen über Kunst in der DDR wollen die Herausgeber, die Dresdner Soziologen Karl-Siegbert Rehberg und Paul Kaiser, den sogenannten Bilderstreit (die Kontroversen um die Kunst aus der DDR nach der Wende) untersuchen. weiterlesen…

Laienkunst der DDR im Dok-Zentrum

Stefan Lötsch, in: MOZ, 3.11.2015:

Im Dokumentationszentrum Alltagskultur der DDR in Eisenhüttenstadt ist ab dem Wochenende eine Ausstellung zu sehen, die sich dem „Bildnerischen Volksschaffen“ in der DDR widmet. 70 Arbeiten aus dem umfangreichen Fundus des Kunstarchivs in Beeskow wurden ausgewählt. weiterlesen…

Die Ausstellung „Freizeit, Kunst&Lebensfreude“ ist von 8. November bis 3. Januar im Dok Zentrum (Erich-Weinert-Allee 3) zu sehen. Die Öffnungszeiten sind Dienstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr.

 

 

25 Jahre Deutsche Einheit: Gespräche über Freiheit

Lena Schneider, in: Potsdamer Neueste Nachrichten, 30.10.2015

Was war, was ist, was bleibt: Früher malte Barbara Raetsch den Potsdamer Verfall. Jetzt ist die Stadt als Baustelle ihr Thema. Bis heute sieht sie Unterschiede zwischen Menschen aus Ost und West. Ihr selbst sei vor allem Geld viel weniger wichtig als den Wessis. weiterlesen…