Konf: Avantgarde und Geschichte im Kalten Krieg

Das Symposium behandelt die Frage, in welcher Weise sich die bildende Kunst im Zeitalter des Kalten Krieges auf Geschichte und Politik bezogen hat. Rückblickend sehen wir in beiden Teilen Deutschlands in den fünfziger Jahren die Vorherrschaft von zwei divergierenden Spielarten des deutschen Idealismus: Im Westen trat er in der abstrakt-informellen Kunst als Signum der persönlichen Freiheit in Erscheinung, im Osten hatte der Sozialistische Realismus den Auftrag, die Zukunft einer kollektiven »sozialistischen Menschengemeinschaft« zu beglaubigen. Aber selbst die informelle Kunst bezieht sich gelegentlich auf politische Ereignisse. In den sechziger Jahren verlor dieses idealistische Pathos an Bedeutung, es folgte eine Periode der Hinwendung zu einem neuen Realismus, die Künstler kamen wieder auf den Boden der Tatsachen zurück und entwickelten eine Vielfalt neuer realistischer und experimenteller Ausdrucksformen. Sie fanden in Ost- und Westdeutschland im subversiven Dilettantismus, im Vulgären und Kitschigen und vor allem im Lachen Geheimwaffen (Tödliche Doris in Westberlin, Autoperforationskunst in Dresden), mit denen sie sich nicht nur von der äußeren Zensur, sondern vor allem vom großen inneren Zensor befreien konnten. Es galt, den ehrfürchtigen Glauben an die Erkenntnistiefe und Wahrheit des Bildes zu relativieren, die Rolle des allwissenden Künstlerautors in Frage zu stellen.

Diese Tagung zur deutschen Kunst nach 1945 will zeigen, wie die Formen der Kunst mentale, kulturelle und politische Inhalte transportieren, ohne sie im Sinne politischer Botschaften zu instrumentalisieren.

Veranstalter
Deutsches Historisches Museum
Kulturprojekte Berlin GmbH

Wissenschaftliche Leitung
Prof. Dr. Monika Flacke, Deutsches Historisches Museum
Dr. Eckhart Gillen, Kulturprojekte Berlin GmbH

Tagungsbüro
Angéla DeGroot
Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2
10117 Berlin
Tel.: (+49 30) 20 30 4-151 · Fax: (+49 30) 20 30 4-152
tagungsbuero@dhm.de

Wegen der begrenzten Anzahl der Sitzplätze ist eine Anmeldung erforderlich. Anmeldeschluss ist der 26. November 2009

Freitag, 4. Dezember 2009

9:00 – 9:15
Begrüßung
Prof. Dr. Hans Ottomeyer, Präsident der Stiftung Deutsches Historisches Museum

I. Sektion:
Kunst und Geschichte im Kalten Krieg

Moderation: Prof. Dr. Monika Flacke, DHM

9:15 – 10:00
Leere Menschenbilder. Kontinuität und Neubeginn in der unmittelbaren Nachkriegszeit
Dr. Sabine Eckmann, Direktorin des Mildred Lane Kemper Art Museums, Sam Fox School of Design & Visual Art, Washington University, St. Louis

10:00 – 10:45
Denkmale der fünfziger Jahre im Zeichen des Kalten Krieges: Der internationale Wettbewerb für ein Denkmal des unbekannten politischen Gefangenen in London und der Staatsauftrag zur Gestaltung der Gedenkstätte Buchenwald
Dr. Brigitte Schoch-Joswig, Heidelberg

10:45 – 11:15
Kaffeepause

11:15 – 12:00
Eindeutige Titel. Abstraktion und Geschichte bei K. O. Götz und K.R.H. Sonderborg
Dr. des. Sven Beckstette, Berlin

12:00 – 12:45
Deutsche Identität im Zweifel: Geschichtspanoramen am Ende des Kalten Krieges: Werner Tübke und Johannes Grützke in Bad Frankenhausen und in der Frankfurter Paulskirche
Dr. Eckhart Gillen, Kulturprojekte Berlin

12:45 – 14:15
Mittagspause

II. Sektion
Neo-Avantgarden und Boheme in der west- und ostdeutschen Kunst seit 1960
Moderation: Dr. Eckhart Gillen, Kulturprojekte Berlin

14:15 – 15:00
Die Moderne in der Kunst der sechziger Jahre in der DDR
Dr. Ulrike Goeschen, Berlin

15:00 – 15:45
Neo-Avantgarden in Westdeutschland in den sechziger Jahren
Dr. Ursula Peters, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

15:45 – 16:30
ö – entfernungsunabhängig kommunizieren. Zum erweiterten Sprachbegriff bei
Joseph Beuys und Carlfriedrich Claus Paula Böttcher, Angermünde

16:30 – 17:00
Kaffeepause

17:00 – 18:00
Gerhard Richters Film Volker Bradke und das Prinzip der Unschärfe
Vortrag und Filmvorführung von Hubertus Butin, Berlin

18:00 – 18:45
Künstlerische Boheme der achtziger Jahre in Ost- und West-Berlin: Prenzlauer Berg – Kreuzberg im Vergleich
Dr. Paul Kaiser, Dresden

18:45 – 19:45
Die Tödliche Doris zwischen Ost und West
Vortrag und Filme von Wolfgang Müller, Berlin

19:45 – 20:45
Kleiner Empfang im Foyerdes Zeughauskinos

21:00 – 23:00
»One Two Three« Film von Billy Wilder (USA 1961)
Einführung: Jörg Frieß

Samstag, 5. Dezember 2009

III. Sektion
Konfrontation mit der Wirklichkeit: Neue Formen des Realismus und der Fotografie
Moderation: Prof. Dr. Monika Flacke

10:00 – 11:00
Kritischer Realismus – Problembilder in der DDR in den späten sechziger und siebziger Jahren
Dr. Roland Prügel, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

11:00 – 11:45
Bilder der Mauer – »Weltbilder?« Beispiele künstlerischer Auseinandersetzungen mit der deutschen Teilung in der Malerei
Kerstin Oehm, Frankfurt am Main

11:45 – 13:00
Fotografische Bildsprache in Ostdeutschland – nationaler Einzelweg oder Spiegelbild internationaler Strömungen? Dorothea Schöne: Vortrag und Gespräch mit den Fotografinnen Helga Paris, Gundula Schulze Eldowy und
Maria Sewcz aus Berlin

13:00 – 14:00
Mittagspause

14:00 Uhr
Besuch der Ausstellung »Kunst und Kalter Krieg. Deutsche Positionen 1945–1989«
Treffpunkt: Infostand im Pei-Gebäude

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=12569

Copyright (c) 2009 by H-Net and Clio-online, all rights reserved. This work may be copied and redistributed for non-commercial, educational use if proper credit is given to the author and to the list. For other permission, please contact H-SOZ-U-KULT@H-NET.MSU.EDU.

Rez. Ex: Kunst und Kalter Krieg

Im Ganzen stellt die Ausstellung eine beeindruckende, in ihrer Intensität und Dichte kaum irgend sonst anzutreffende Einführung in über 40 Jahre deutsch-deutsche Kunstgeschichte dar. Dass man die Ausstellung als Zeithistoriker gleichwohl etwas unbefriedigt verlässt, liegt an der Unterbelichtung des Kalten Krieges. Denn was hier unter dieser Überschrift geboten wird, ist bei näherer Betrachtung vor allem eine Geschichte der deutschen Teilung und ihrer Verarbeitung in der Kunst. Doch in dieser doppelstaatlichen Konkurrenz ging der Kalte Krieg nicht auf, und er erschöpfte sich auch nicht in der Aushandlung von Feind- und Selbstbildern. (Marcus M. Payk)

Das Bemerkenswerte der Ausstellung ist, dass hier und da Dialoge heraufbeschworen werden, die strenggenommen keine sind und dennoch neue Perspektiven der Betrachtung eröffnen. Die echten Gespräche, etwa zwischen Penck und Immendorff, oder die Grenzgänge von Richter, Baselitz, Penck und anderen sind interessant, aber auch schon gut dokumentiert. Spannender sind die neu kreierten Dialoge – etwa Hans Haackes Auseinandersetzung mit dem Kunstsammler Peter Ludwig in Formen der sozialistischen Plakatgestaltung („Weite und Vielfalt der Brigade Ludwig“, 1984), womit olfaktorisch die „Schokolöwen“ von Dieter Roth korrespondieren, oder Lutz Dammbecks „Nibelungen“ (1986–1988), mit denen er in schärferer Weise als seine westlichen Kollegen den RAF-Terrorismus kritisch reflektiert. (Ruth Heftrig)

Ausstellungs-Rezensionen zu: Kunst und Kalter Krieg 28.05.2009-06.09.2009, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, in: H-Soz-u-Kult, 22.08.2009, von Marcus M. Payk: <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/type=rezausstellungen&id=114> und Ruth Heftrig: <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/type=rezausstellungen&id=115>.

Rez. ZG: M. Steinkamp: Das unerwünschte Erbe

Ein weiteres Kapitel widmet sich den Jahren 1948/1949 und dem Beginn der Formalismusdebatte. Ihre Wurzeln hatte diese in der Expressionismusdebatte in der Sowjetunion 1937/38, folgerichtig wird jene sowie ihre Neuauflage in der Sowjetischen Besatzungszone theoretisch umfänglich beleuchtet. Die anschließend dargestellten praktischen Auswirkungen der Formalismusdebatte auf die Museen zählen zu den stärksten und dichtesten Teilen der Arbeit.
[…]
Etwas bemüht wirkt der abschließende Bogen zur Diskussion um das künstlerische Erbe der DDR nach 1989/90 und um die gemeinsame Präsentation der west- und ostdeutschen Kunst nach 1945 der vereinigten Sammlungsbestände der Nationalgalerie(n) Ost und West 1994 (S. 331f.).

Petra Winter: Rezension zu: Steinkamp, Maike: Das unerwünschte Erbe. Die Rezeption „entarteter“ Kunst in Kunstkritik, Ausstellungen und Museen der Sowjetischen Besatzungszone und der frühen DDR. Berlin 2008, in: H-Soz-u-Kult, 21.08.2009, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2009-3-146>.

Tagber: Depot und Plattform. Bildarchive im post-fotografischen Zeitalter

Bericht von Carolin Artz über das von Herta Wolf in Zusammenarbeit mit Estelle Blaschke organisierte Symposium Depot und Plattform. Bildarchive im post-fotografischen Zeitalter. 05.06.2009-07.06.2009, Köln, in: H-Soz-u-Kult, 17.08.2009, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=2746>.

Willkommen beim Projekt-Blog

Willkommen beim Projektblog des Verbundprojektes. Hier können Sie Diskussionsbeiträge einstellen und kommentieren. Zudem können Dokumente, auf die alle Partner Zugriff haben sollen, hier abgelegt werden. Bei Fragen wenden Sie sich an den Projektkoordinator Christian Heinisch oder an Daniel Burckhardt.