Role Models! Die Frau in der DDR in Selbst- und Fremdbildern. Malerei und Grafik aus dem Kunstarchiv Beeskow

Kunststiftung Poll, Gipsstraße 3, 10119 Berlin

Ausstellungseröffnung: Samstag, 19. Mai 2012, 17-19 Uhr

22. Mai 2012 – 31. Juli 2012

Eine Kooperation des Kunstarchivs Beeskow und der Kunststiftung Poll, Berlin

Seit dem Fall der Mauer wurde die Rolle der Frau in Ost und West im öffentlichen Diskurs immer wieder thematisiert und auch idealisiert. Der Blick auf die Kunstwerke blieb dabei aber weitgehend aus, obwohl sich gerade in ihnen Weltbilder und Identitätsvorstellungen und somit auch Bilder der Frau verdichten.

Bilder von uns selbst – egal ob in der Eigen- oder Fremdwahrnehmung – sind niemals bloße Abbilder sondern Konglomerate der verschiedensten Welten. In der popkulturellen Bildproduktion nehmen medial bzw. öffentlich verbreitete Vorstellungen vom “gesellschaftlichen So-Sein” – Role Models – einen gewichtigen Stellenwert ein. Die Ausstellung „Role Models!“ zeigt einen Ausschnitt der inhaltlichen und formalen Vielfalt der Bestände aus dem Kunstarchiv Beeskow in den Räumen der Galerie der Kunststiftung Poll in Berlin. In der erstmaligen Kooperation beider Institutionen geht es um die Wirklichkeit der Bilder, die immer auch mit der gesellschaftlichen Realität in Verbindung steht. In diesem Spannungsfeld wird anhand der von Künstlerinnen und Künstlern (Selbst- und Fremdbilder) geschaffenen Werke nach dem Bild der Frau in einer Vorbildfunktion unter den Vorzeichen von Arbeit, Mythologie und Weiblichkeit gefragt.

Role Models! begegnen uns überall, ob nun in Werken aus dem Kunstarchiv Beeskow, im TV oder in Magazinen und versprechen mitunter „15 Minuten Ruhm“ für jede, als Supermodel, Supertalent oder Bestarbeiterin und Aktivistin. Sie sind inzwischen Teil der Populärkultur Ost wie West. Jene Kunstwerke aus der DDR, die seit Beginn der 1990er Jahre im Kunstarchiv Beeskow lagern, gelten im Allgemeinen als Rest der DDR-Kunst und bilden einen blinden Fleck der Kunstgeschichte nach 1989. Denn bei ihnen handelt es sich um Ankäufe oder Aufträge und zum größten Teil um Arbeiten, die in öffentlichen Gebäuden der Parteien und Massenorganisationen zu sehen waren. Dementsprechend werden sie im Gegensatz zu „nonkonformer“ Kunst gern als „offizielle“ Kunst bezeichnet. Nun ist es zum einen kaum möglich, Kunst fest in die eine oder andere Kategorie einzuordnen, denn die Begriffe entziehen sich in ihrer Heterogenität einer genauen Definition.

Zum anderen führt das dualistische und geschlossene Begriffskorsett dazu, dass tatsächliche Bewegungen innerhalb der Kunst selbst unberücksichtigt bleiben. Role Models! möchte die Werke nicht nur als zeitgeschichtliche und gesellschaftliche Illustrationen betrachten, sondern ihnen eine eigene Evidenz und Wirklichkeit zutrauen, um einen differenzierten Blick auf die Beeskower Werke zu ermöglichen.

weitere Informationen

Presse:

Der Tagesspiegel vom 10.07.2012

taz.de vom 13.06.2012

Der Tagesspiegel vom 16.05.2012

Kunst und Kultur in der DDR

9. Juni – 11. Juni 2012

Konrad-Adenauer-Stiftung, Bildungszentrum Schloss Wendgräben, Wendgräbener Chaussee 1, 39279 Wendgräben

Programm

Samstag, 09. Juni 2012

bis 16.30 Uhr Anreise, Zimmerbelegung

17.00 Uhr
Begrüßung und Einführung

„Erziehung zu sozialistischen Persönlichkeiten“ –
Auftrag an Kunst und Kultur in der DDR
Siegmar Faust
(Autor, ehemaliger Landesbeauftragter der Stasi-Unterlagen in Sachsen)

19.30 – 21.00 Uhr
Der deutsche Kulturbund- sozialistische Kulturpolitik der SED

Literaturförderung in der DDR –
Das Leipziger Literaturinstitut „Johannes R. Becher“
Siegmar Faust

Sonntag, 10. Juni 2012

9.00 – 10.30 Uhr
Die Sowjetkunst als Vorbild und Herausforderung für die DDR
Dr. Stefan Wolle, Historiker

11.00 – 12.30 Uhr
Der sozialistische Realismus – Wandlungen eines Dogmas
Dr. Stefan Wolle

14.00 – 15.30 Uhr
Der Bitterfelder Weg als Instrument der Kulturpolitik der DDR
Frank Schult, Dipl. Maler/Grafiker (angefragt)

16.00 – 17.30 Uhr
Ausbürgerung und verhinderte Karrieren –
Der Umgang mit kritischen Künstlern in der DDR
Frank Schult, Dipl. Maler/Grafiker (angefragt)

19.30 – 21.00 Uhr
1968 in Leipzig –
Eine Künstlergruppe gerät ins Visier der Stasi
Siegmar Faust

Montag, 11. Juni 2012

9.00 – 10.30 Uhr
Künstlerszene im Prenzlauer Berg –
Nischen für Kunst und Kultur jenseits der Verherrlichung des Sozialismus
Vera Lengsfeld
Bürgerrechtlerin; Zeitzeugin, Autorin

11.00 – 13.00 Uhr
Neue Zeit, Neue Freiheit –
Kunst und Kultur nach der friedlichen Revo-lution ’89
Vera Lengsfeld

Ein Blick in die Gegenwart:
Überwiegen kulturelle Gemeinsamkeiten oder die Auswirkungen der Teilung?

Abschlussdiskussion
Vera Lengsfeld
Siegmar Faust

weitere Informationen

Museum und Sammlung zwischen Kunst und Politik: Die Gemäldegalerie Neue Meister zur Zeit der DDR. Ein Bericht aus dem dreijährigen Forschungsprojekt „Bildatlas: Kunst in der DDR“

Ein Vortrag von Simone Fleischer und Kathleen Schröter, Mitarbeiterinnen des Projektes „Bildatlas: Kunst in der DDR“

Donnerstag, 3. Mai 2012, 19 Uhr, Einlass 18.30 Uhr

Albertinum, Hermann-Glöckner-Raum, Eingang Georg-Treu-Platz, Dresden

Seit Mai 2009 wird in der Galerie Neue Meister intensiv zum Gemäldebestand aus der DDR gearbeitet. Die über sechshundertfünfzig Gemälde wurden dabei erfasst, dokumentiert und unter kunsthistorischen Gesichtspunkten befragt.

Im Mittelpunkt der Forschung stand ihre Erwerbung: Auf welchen Wegen kamen die Bilder in die Sammlung, wie groß war die Entscheidungsbefugnis der Direktoren und ihrer Mitarbeiter und welche politischen Institutionen übten Einfluss auf die Sammlungspolitik aus? Aus welchen Bildern setzt sich der Bestand zusammen, welchen Stellenwert hatte die zeitgenössische Malerei der DDR, welche Künstler wurden bevorzugt, welche blieben außen vor?

Dies sind einige der Fragen, mit denen sich zwei wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen des Forschungsprojektes an der Galerie Neue Meister auseinandergesetzt haben. An dem Abend stellen sie die Ergebnisse ihrer dreijährigen Tätigkeit vor.

Wir würden uns sehr freuen, Sie an diesem Abend begrüßen zu dürfen.

Der Vortrag findet im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojektes „Bildatlas: Kunst in der DDR“ statt, das sich der Dokumentation und Aufarbeitung von Malerei aus der DDR widmet, sowie deren Rezeption und die Wege der Bilder in verschiedene Sammlungen nachzeichnen will. „Bildatlas: Kunst in der DDR“ ist ein Gemeinschaftsprojekt der TU Dresden, der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, dem Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam und dem Kunstarchiv Beeskow.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

Kathleen Schröter/ Simone Fleischer (Galerie Neue Meister),

Tel. 0351 4914-9742; Kathleen.Schroeter@skd.museum / Simone.Fleischer@skd.museum

„Bildatlas DDR: Thüringer Museen präsentieren ostdeutsche Kunst“

Im Herbst wagen Thüringer Museen in Weimar, Erfurt und Gera einen neuen Blick auf Kunst, die zu DDR-Zeiten entstand.

OTZ.de vom 19.4.2012: „Der Eklat des Kulturstadtjahres Weimar ’99 haftet noch tief in den Gedächtnisrinden deutsch-deutscher Kunstfreunde. Damals hatte die Ausstellung „Aufstieg und Fall der Moderne“ im ehemaligen Gauforum insbesondere durch die Art der Präsentation von Kunstwerken aus der DDR heftige und polemische Debatten ausgelöst. Jetzt wagt die Klassik-Stiftung einen neuen Anlauf: Auf der Basis des umfangreichen, dreijährigen Forschungsprojektes „Bildatlas: Kunst aus der DDR“ zeigt sie ab 19. Oktober im Neuen Museum die Schau „Abschied von Ikarus“ mit einem thematisch gegliederten Querschnitt ostdeutscher Malerei. Flankiert wird diese Unternehmung durch Ausstellungen im Angermuseum Erfurt und in der Orangerie der Geraer Kunstsammlung.

Etwa 180 Werke werden dabei in Weimar zu sehen sein, und Spannung verspricht dieser Einblick in den jüngsten Abschnitt der Kunstgeschichte schon allein durch die Ankündigung vieler vergessener, wieder neu zu entdeckender Künstler und Bilder: Josep Renaus „Die friedliche Nutzung der Atomenergie“ beispielsweise oder Lothar Zitzmanns „Kosmonauten“, A. R. Pencks frühe „Systembilder“ oder Heidrun Hegewalds „Kassandra“-Deutung. Viele der Arbeiten wurden bei den Recherchen zum „Bildatlas DDR“ in Sonderdepots oder in Regionalmuseen ausfindig gemacht, manche davon gelten – wie Zitzmann in Gera – als regelrechte Trouvaillen.

Daran, dass die nach wie vor schwelende deutsch-deutsche Kunstdebatte den drei Ausstellungen in Thüringen eminente überregionale Aufmerksamkeit bescheren wird, hegen Professor Wolfgang Holler, Direktor Museen der Klassik-Stiftung, und seine Mitstreiter keine Zweifel. Einen „heißen Herbst“ fürchtet er jedoch nicht. „Wir sind uns unserer Sache sehr sicher“, sagte er am Mittwoch.

Denn der „Bildatlas DDR“ liefere eine Materialbasis von 20.000 Einzelwerken aus 160 Museen, Sammlungen und Depots, um zumindest „wesentliche Merkmale“, so Holler, von Kunst in der DDR exemplarisch herauszuarbeiten. Erstellt wurde das Kompendium in einem Verbundprojekt der Staatlichen Kunstsammlungen und der TU Dresden, des Zentrums für Zeithistorische Forschung Potsdam und des Kunstarchivs Beeskow.

„Die Ausgangsbeobachtung war: Die meisten Kunstwerke aus der DDR sind in Depots eingelagert“, erklärt Professor Karl-Siegbert Rehberg als Projektkoordinator. Nun ist der „Bildatlas“ in Kürze zumindest per Datenbank verfügbar und soll, zumindest in Auszügen, gedruckt werden. Auch nur annähernde Vollständigkeit war mit dem aus Mitteln des Bundesforschungsministeriums finanzierten Projekt freilich nicht zu erzielen, beklagt Rehbergs Dresdner Kollege Paul Kaiser. Dennoch: Die Wissenschaft widmet sich mit neuem Elan der Aufarbeitung des ostdeutschen Bilderkosmos und seiner Themen.

Eine Klassifizierung der Akteure in Staatskünstler, Bohemiens und Dissidenten mag dabei eher ein nachrangiger Aspekt sein. Für die Weimarer Schau wählen Kaiser & Co. bewusst den thematischen Zugang über den mythologischen Flugschüler Ikarus – als Sinnbild gescheiterter Utopien. Von Kunst-Stars wie Wolfgang Mattheuer und Bernhard Heisig wird da die Rede sein, aber auch von vielen heute Unbekannten, von durchaus euphorischen „technokratischen Utopien“ ebenso wie von einer gebrochen-melancholischen Antike-Rezeption, von politisch systemkonformen, ja propagandistischen Ausdeutungen wie von subversiv gewendeten Ikonografien.

Ähnliche Schau-Aufgaben stehen dann zeitgleich den Besuchern des Erfurter Angermuseums und der Geraer Orangerie bevor; die eine Ausstellung zeigt Atelierbilder und Künstlermythen und damit Selbstreflexionen von DDR-Künstlern unter dem Titel „Schaffens(t)räume“, die andere christliche Bilder in einer atheistischen Welt unter dem Motto „Tischgespräch mit Luther“. Man wird, das ist vorhersehbar, die Grand Tour entlang dieser drei Thüringer Wegmarken des „Bildatlas“ an einem einzigen Tage nicht bewältigen können – Kulturreisende von auswärts sind umso herzlicher willkommen. Daneben will Rehberg später weitere Expositionen anregen, etwa im Westen unserer Republik oder in Frankreich.“ weiterlesen

zum Thema:

„Abschied von Ikarus“ in Weimar, Erfurt und Gera (OTZ.de vom 19.4.2012)

„Kunsthalle: Plattner baut – wenn Potsdam will“

Der Mäzen und Softwaremilliardär Hasso Plattner hat seine Pläne für die Kunsthalle präzisiert, die er der Landeshauptstadt schenken und mit seiner Förderstiftung dauerhaft betreiben und ausstatten will.

pnn.de vom 14.4.2012: „Im PNN-Interview sagte Plattner am Freitag, er wolle „etwas schaffen, was auch in einhundert Jahren noch da ist und Wert hat, wenn sich niemand mehr erinnert, wer Hasso Plattner war“. Potsdam sei dafür ein idealer Ort. „Die Stadt ist selbst ein ästhetisches Kunstwerk, hat aber keine Kunsthalle.“

In dem Museum will Plattner als erstes eine Dauerausstellung mit Werken der vergangenen 60 Jahre aus der ehemaligen DDR und den neuen Bundesländern zeigen. Die Erstellung dieser Sammlung habe er bereits in Auftrag gegeben. Langfristig soll seine dem Vernehmen nach sehr wertvolle private Kunstsammlung mit Werken der Klassischen Moderne in der Potsdamer Kunsthalle ihre Heimstatt finden. „Ich möchte vorsorgen, dass, wenn bei mir einmal der Erbfall eintritt, meine Sammlung, meine Bilder, die ich über viele Jahre erworben habe, nicht bei einer Auktion bei Sotheby’s oder Christies auseinander gerissen werden“, sagte Plattner. Die Werke würden „über die Zeit in das neue Museum einziehen“, versprach er.

Plattner betonte, seine Kunsthalle müsse in Potsdam gewollt sein: „Ich will nichts aufzwingen. Wenn ich das Gefühl habe, dass sie nicht gewollt wird, dann werde ich es nicht machen.“ Er habe „überhaupt keinen Grund, mich gegen die Bevölkerung in der Stadt zu stellen, selbst wenn es eine Minderheit ist“. Die Kunsthalle sei ihm ein Anliegen, „das von vorne bis hinten Freude machen soll. Wenn es die nicht macht, werde ich es nicht tun“.

Plattner bekräftigte, dass er die Kunsthalle am liebsten vis-à-vis des Stadtschlosses auf dem Grundstück errichten möchte, wo jetzt der Plattenbau des Hotel Mercure steht: „Für eine Kunsthalle gibt es in Deutschland kein schöneres Grundstück.“ Stehe es zur Verfügung, werde er die Fläche durch die Hasso Plattner Förderstiftung erwerben. Doch über den für den Bau der Kunsthalle nötigen Abriss des Hotel Mercure müssten die Potsdamer entscheiden: „Das ist eine Sache, die die Stadt mit sich, mit der Bürgerschaft austragen muss. Das muss Potsdam entscheiden.“ Sollte er an diesem Standort bauen können, kündigte Plattner für die Kunsthalle eine moderne Architektur an. „Es muss etwas Modernes, Gutes, aber Bescheidenes werden“, so Plattner.“ weiterlesen

Presse:

pnn.de vom 20.06.2012

Märkische Allgemeine vom 20.06.2012

Märkische Oderzeitung vom 20.06.2012

pnn.de vom 20.06.2012

Märkische Allgemeine vom 19.06.2012

Der Tagesspiegel vom 18.06.2012

pnn.de vom 15.06.2012

pnn.de vom 14.06.2012

pnn.de vom 13.06.2012

Der Tagesspiegel vom 02.06.2012

Märkische Allgemeine vom 16.4.2012

pnn.de vom 14.4.2012 (Interview mit Hasso Plattner)

B2B vom 13.4.2012

Märkische Oderzeitung vom 13.4.2012



„Ich möchte Betroffenheit auslösen…“

Ronald Paris über Künstler als Ärzte und Philosophen, über Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit

nd vom 10.4.2012: „Über mangelndes Interesse kann er nicht klagen: Vorige Woche lud er zur Vernissage nach Dresden: Porträts und Landschaften. Anfang Juni wird eine größere Schau in Merseburg eröffnet. Dennoch vermisst RONALD PARIS Anerkennung der Kunst und Künstler aus der DDR. Der 1933 geborene Maler hat an der Kunsthochschule in Berlin-Weißensee studiert, war Meisterschüler von Otto Nagel, Mitbegründer der »Intergrafik« und in den 90er Jahren Professor für Malerei an der Hochschule Burg Giebichenstein in Halle. Über sein Leben und seine Kunst sprach er mit der nd-Redakteurin KARLEN VESPER.

nd: Herr Professor, »Lob des Kommunismus« heißt Ihr legendäres, neun Meter langes Wandbild von 1969/70, das heute im DDR-Museum an der Spree zu sehen ist. Wie kamen Sie zu diesem Titel?
Paris: Ich wollte ein Geschichtspanorama schaffen: Aufbruch und Abbruch, Hoffnungen und Enttäuschungen, die Gewalt der Kriege und Bürgerkriege bildhaft werden lassen, ein permanent fürchterliches Zeitgeschehen. Man selbst war ja von dieser Geschichte nicht unberührt. Ich suchte also ein Motto. Und da war mir Brecht recht. Mir hat vor allem der Schlusssatz seines Lobgedichtes gefallen: »Er ist das Einfache, das schwer zu machen ist.« Das ist es! Es ist kein Spaziergang, zu einer gerechteren Gesellschaft zu gelangen. Aber es ist möglich. Das ließ hoffen. Und lässt hoffen.

»Er ist vernünftig, jeder versteht ihn«, heißt es in Brechts Gedicht über den Kommunismus.
»Die Dummköpfe nennen ihn dumm, und die Schmutzigen nennen ihn schmutzig. Er ist gegen den Schmutz und gegen die Dummheit… Er ist keine Tollheit, sondern das Ende der Tollheit.«

Nun hat aber der Kapitalismus triumphiert, weltweit.
Ich bin überzeugt, dass er nicht das Ende der Geschichte ist. Das wird uns doch gerade dieser Tage deutlich. Der Kapitalismus ist nicht vernünftig, er ist schmutzig, er ist eine Tollheit, und es gibt kein Verbrechen, das er nicht wagen würde, wenn es Profit verspricht. Wie es schon bei Marx heißt.

Das Wandgemälde verhalf Ihnen zu einem Bekanntheitsgrad, der für Sie sicher vorteilhaft war?
Ich hatte einen kleinen Schelmenstreich begangen, indem ich mich des Brechtschen Lobgedichtes bediente, ihm zu einer Dominanz verhalf, die es in der damaligen DDR-Gesellschaft schon nicht mehr hatte. Man konnte mich jetzt nicht mehr einfach im Abseits stehen lassen. Das muss einigen Genossen »oben« schwergefallen sein. Denn ich war suspekt durch meine Illustrationen zu Wolf Biermanns Gedichtband »Die Drahtharfe« von 1965, in dem dieser die alten Genossen aufrief: »Tretet zurück, indem ihr uns den neuen Anfang lasst!« Ein Sakrileg. Biermann bekam Auftrittsverbot.

Und Sie schrammten knapp an einem Parteiausschluss vorbei. Ihr Wandgemälde selbst wurde kritisiert. Was warf man Ihnen vor?
Dass das Bild keine Zuversicht versprühe. Wenn ich Zuversicht versprühen wollte, wäre ich Parteisekretär geworden. Oder, um es heutig zu sagen: Versicherungsvertreter. 24 Änderungswünsche wurden an mich herangetragen. Eine Forderung betraf den Arbeiter am Anfang des Bildes: »Unsere Menschen laufen nicht mehr barfuß!« Ich sollte ihm Schuhe anziehen. Doch ich habe ich nichts geändert. Ich war so frei.

Der engagierte Künstler ist heute eine seltene Spezies. Wurde er verschreckt durch die nach 1990 gegen ihn geschwungene Keule?
Sie meinen das Verdikt: DDR-Kunst ist gleich Verherrlichung des Systems. Absoluter Quatsch. Es stimmt einfach nicht, dass alle politisch-thematischen Werke in der DDR per Auftrag zustande kamen. Ich wage zu behaupten, 70 Prozent deckten sich mit dem inneren Auftrag des Künstlers. Es wäre und bleibt fragwürdig, wenn man als Künstler Werke schafft, mit denen man sich nicht identifizieren kann. Aber diese dummdreiste Verteufelung hatte Konsequenzen. Sie diente als Freifahrtsschein, DDR-Kunst in verstaubte Magazine zu verbannen. Und wenn sie gezeigt wird, so zur Diskreditierung. Doch die unqualifizierte Aburteilung ist entkräftet worden – von den Adressaten unserer Arbeiten. “ weiterlesen

In meinem eigenen Lande. Die Malerin und Dissidentin Annemirl Bauer

Mauer-Mahnmal im Deutschen Bundestag, Marie-Elisabeth-Lüders-Haus, Schiffbauerdamm, 10117 Berlin

29. März – 30. Juni 2012

Annemirl Bauer (1939 – 1989) war eine der ungewöhnlichsten Malerinnen in der DDR. Ausgebildet an der Kunsthochschule Weissensee, folgte sie zunächst dem sozialkritisch und expressiv orientierten Realismus ihrer Mutter Tina Bauer-Pezellen. In Auseinandersetzung mit dem Grenzregime und die patriarchalischen Strukturen der DDR wurde sie bald systematisch marginalisiert, ausgegrenzt und bespitzelt. Sie nahm ein Leben nahe der Armut in Kauf und arbeitete systematisch an einer ihrer unbeugsamen Haltung gemäßen künstlerischen Formensprache. Sie starb im August 1989, kurz vor dem Fall der Mauer – und fiel so erneut aus der öffentlichen Wahrnehmung. Die Ausstellung im Mauer-Mahnmal zeigt sie als Malerin und Dissidentin.

weitere Informationen, Flyer

Presse:

Märkische Allgemeine vom 12.5.2012

Berliner Zeitung vom 12.4.2012

Stilbruch. das Kulturmagazin des rbb vom 29. 3. 2012

Autonomie trotz Affirmation? Über die Kunst in der DDR und die Ambivalenz der Bilder

Ein Gespräch von Markus Heidmeier und Jochen Thermann mit Karl-Siegbert Rehberg auf MONTAGSRADIO. Netzgespräche zur Zeitgeschichte vom 3. März 2012.

Der schwierige Umgang mit der Kunst aus der DDR führte sehr schnell nach 1990 zum so genannten “Bilderstreit”. Handelte es sich bei den Bildern ostdeutscher Maler lediglich um propagandistische “DDR-Kunst”, da die offizielle Förderung und Privilegierung zugleich mit Anpassungsdruck und Gängelung einher ging? Oder war die Kunst in der DDR, insbesondere die Malerei, im Gegenteil zu bedeutenden, starken Werken fähig, die man in der westdeutschen Kunstlandschaft vergeblich sucht? Im MONTAGSRADIO 04/2012 sprechen Markus Heidmeier und Jochen Thermann mit Karl Siegbert Rehberg, Gründungsprofessor für Soziologie an der TU Dresden und wissenschaftlicher Koordinator des Forschungsverbundes “Bildatlas: Kunst in der DDR“.

Heute haben sich die Wogen des “Bilderstreits” gelegt – offensichtlich erfüllte die Kunst in der Nachwendezeit das, was andernorts nicht diskutiert werden konnte: Hier wurde stellvertretend gefragt, wie das, was Künstler in der DDR geleistet haben, zu bewerten sei. Wie groß war der Spielraum zwischen Anpassung und Autonomie? Dieser Frage gehen Markus Heidmeier und Jochen Thermann im Gespräch mit Karl-Siegbert Rehberg nach und sprechen mit ihm über den Bilderstreit und die Ambivalenz der Kunst (in) der DDR.

zum Gespräch

Bernhard Heisig. Selbst und Trompete. Späte Bilder und Zeichnungen

GALERIE BERLIN, Augustsr. 19, 10117 Berlin

31. März – 9.  Juni  2012

Märkische Allgemeine vom 2.4.2012: „Dreizack, Orden, gebieterische, gleichwohl abwartende Körperhaltung, rechte Hand am Gesicht: Friedrich der Große. Pompös preußisch eröffnet die kleine Ausstellung, mit der Rainer Ebert und Rüdiger Küttner in ihrer Galerie Berlin einmal mehr an den Künstler Bernhard Heisig erinnern wollen.

Der war am 10. Juni 2011 im havelländischen Strodehne verstorben. 87 wäre er vorgestern, am Tag der Vernissage, geworden. Viele Wegbegleiter, Freunde, Familie waren in die Galerie nach Berlin-Mitte gekommen. Und registrierten an zahlreichen Beispielen beeindruckt, wie sehr Heisig sich in seinen letzten Lebensjahren, die auch trotz schwerer Krankheit noch intensive Schaffensjahre waren, künstlerisch verändert hat. „Das Tolle ist, dass er eine neue Malerei begonnen hat“, schwärmte Rüdiger Küttner. Malerischer seien Heisigs Werke der letzten Jahre geworden, auch ein Stück weit abstrakter. Etwas, das sich gar in der Serie der Friedrich-Bildnisse nachvollziehen lässt: Figürlich sind sie zwar, gleichwohl von faszinierender Gesichtslosigkeit und doch so eindeutig als Alter Fritz identifizierbar. „Eigentlich“, sagt Küttner über die jüngsten Werke Heisigs, „ist das der modernere Heisig“.

1925 in Breslau geboren, muss, will er als 17-Jähriger in den Krieg ziehen. Er wird verletzt an der Westfront, überlebt die Ardennenschlacht, kehrt im Dezember 1944 zurück in seine Heimatstadt , als Mitglied der Waffen-SS wird er in die Kämpfe um die „Festung“ Breslau involviert. Der Krieg, schrieb der Schriftsteller Christoph Hein mal über Heisig, sei dessen „eigentliches Lebensthema“ gewesen. Er war kein kühler Dokumentarist, wenn er die großen Themen des 20. Jahrhunderts in seiner Kunst verarbeitete, sondern einer, dem das Leid des eigenen Erlebens den Pinsel führte.

Nach Strodehne kamen Heisig und seine Frau, die Malerin Gudrun Brüne, 1992. Doch während anderen Zuzüglern die weite Eintönigkeit der havelländischen Landschaft zur inneren Einkehr, zur Ruhe verhilft, hat sie ihn, im Gegenteil, beinahe herausgefordert: Dynamik, Wildheit, Energie in unglaublichen, kräftig-flirrenden Farben prägen auch noch seine letzten Arbeiten, Blumenbildnisse, Theaterimpressionen, Friedrich-Variationen, Selbstporträts. „Toll“, sagte eine junge Berlinerin fasziniert während der Vernissage, „aber selbst seine Stillleben sind zutiefst verstörend.“ So wirkt er nach, mit all der Kraft, die er in seine Kunst steckte. Die an ihm reizte und den Betrachter zugleich mit Scheu behaftete. Bernhard Heisig, hin und wieder noch immer nur als „DDR-Künstler“ verschlagwortet, war zuallererst, das betonte Altbundeskanzler Helmut Schmidt in seinem Nachruf auf Heisig vehement, „ein sehr deutscher Maler“.“ weiterlesen

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Günther Jahn – Retrospektive

Thüringer Landtag, Jürgen-Fuchs-Straße 1, 99096 Erfurt

22. Februar bis 30. März 2012

Mit einer Retrospektive eines der bedeutendsten Vertreter der Thüringer Gegenwartskunst, dem Sondershäuser Maler Günther Jahn, setzt der Landtag zu Beginn des Jahres einen künstlerischen Akzent.

Landtagspräsidentin Birgit Diezel (CDU) hat die Werkschau im Beisein der Witwe Günther Jahns und seiner Kinder im Thüringer Landtag 22. Februar 2012 eröffnet.  „Ich bin sehr dankbar, dass wir genau ein Jahr nach dem Tod des Künstlers sein schaffensreiches und intensives Leben in einer umfassenden Ausstellung würdigen können. Sie ermöglicht uns ein Treffen mit einem Künstler, der uns als stiller Magier der Formen und Farben in Erinnerung bleibt“, so die Landtagspräsidentin während der  Ausstellungseröffnung.

„Günther Jahn war ein Autodidakt, der es technisch zu einer erstaunlichen Meisterschaft brachte“, so die Präsidentin des Thüringer Landtags weiter. „Seine Bilder entwickeln eine ganz eigene Kraft, weil es Günther Jahn nicht auf das Sensationelle ankam, sondern auf das Bleibende, auf das Schöne im Verborgenen und das Besondere im Alltäglichen. In seinen besten Werken gelingt es ihm, zu verdeutlichen, wie gut sich Leichtigkeit und Tiefsinn, Widerstand und Witz vertragen.“

Der 1933 in Sondershausen geborene Günther Jahn kam auf Umwegen zur Malerei. Ohne Studium wurde Jahn 1964 in den Verband bildender Künstler der DDR aufgenommen und bekam die staatliche Anerkennung als Maler und Grafiker. Neben seinem künstlerischen Schaffen war er bis 1980 an verschiedenen Gymnasien als Kunstlehrer tätig.

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Presse:

Deutschland today vom 22.2.2012