Cornelia Schleimes Siebzigster: Radikal systemunkonform

Andreas Platthaus, in: FAZ, 4.7.2023:

Dissidentisch, aber auch selbstironisch: Zum siebzigsten Geburtstag der Künstlerin Cornelia Schleime zeigt ihre Studienstadt Dresden in Städtischer Galerie und Albertinum zwei Ausstellungen zum Werk. weiterlesen…

„Halle am Meer“: Ausstellung zeigt Kunst von halleschen Künstlern in Ahrenshoop

Meinhard Michael, in: MDR KULTUR, 24.06.2023:

Seit Generationen halten sich Künstler aus Halle regelmäßig in Ahrenshoop an der Ostsee auf, um dort zu arbeiten – von Gerhard Marcks bis Moritz Götze. Eine zweiteilige Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg Halle und in der Kunsthalle Talstraße zeigt unter dem Titel „Halle am Meer“ Hunderte Werke aus dieser besonderen künstlerischen Fernbeziehung. Die beiden Ausstellungen sind bis zum 17. bzw. 24. September 2023 zu sehen. weiterlesen…

Galerie Schloss Ettersburg: Ausstellung Hans Winkler. Freiräume für Gegenwelten

Hans Winkler

Gemälde – Zeichnungen – Druckgraphik 

Hans Winkler (Gotha 1919 – 2000 Weimar)
Eine Hommage mit Leihgaben von Weggefährten und Freunden.
Konzeption und Realisierung: ARTeFACT Dr. Mück (Utenbach/AP) in Zusammenarbeit mit Gudrun Findeisen (Weimar)

Ausstellung bis 8. September 2023.
Mo bis Fr 9 – 16 Uhr und auf Nachfrage.
Zur Vernissage Einführung: Dr. Hans-Dieter Mück (Kurator Galerie Schloss Ettersburg)

Hans Winkler: 1933-37 Malerlehre, 1939-1945 Militärdienst, 1946-1949 Musikstudium am Erfurter Konservatorium und externes Studium der Malerei; 1947 Mitglied des VBK, 1948 Auszeichnung „Besonders wertvoller Kunstschaffender“, Ausschluss aus dem VBK wegen „amerikanistischer Tendenzen“, 1951-1984 Arbeit als Musikpädagoge und Weiterentwicklung der gegenstandslosen Malerei, 1982 Wiederaufnahme in den VBK/DDR, aber Verbot von Ausstellungen im Westen, 1992 „Weimar-Preis“ der Stadt Weimar.

https://schlossettersburg.de/kultur/kalender/e/hans_winkler-306.html

Kunst in der DDR in Transkultureller Perspektive (Potsdam, 19 Jun-14 Aug 23)

DAS MINSK, Kunsthaus in Potsdam, Max-Planck-Straße 17, 14473 Potsdam, Jun 19–Aug 14, 2023

Annabel Ruckdeschel

Im Format OFFENE WERKSTATT überlässt DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam während der Ausstellung WERK STATT SAMMLUNG (02.06.2023–20.08.2023) Wissenschaftler:innen den Werkstattraum. Damit öffnet sich die WERKSTATT als Arbeits- und Denkraum für aktuelle Forschungsprojekte über Kunst aus der DDR.

19. Juni 2023, 15.00–19.00 Uhr
OFFENE WERKSTATT No. 1: Internationale Kunstausstellungen in der DDR

Organisiert von Kristian Handberg, Elke Neumann und Annabel Ruckdeschel

Der Workshop fragt nach den bisher wenig beachteten Kunstausstellungen in der DDR, die internationale Kunst zeigten und dabei die Ausstellungsformate der Biennale und Triennale im sozialistischen Staat erprobten. Die Kunst in der DDR war kein geschlossenes System, sondern im Rahmen offizieller Ausstellungen auf unterschiedliche Weise mit Europa und der Welt vernetzt. Eine zentrale Rolle spielten dabei die Biennale der Ostseeländer in Rostock und die Grafik-Triennale INTERGRAFIK in Ost-Berlin. Erst in jüngster Zeit rücken diese Verbindungen der Kunst in der DDR mit Ländern auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs in den Fokus der Kunstgeschichte. Welche transnationalen Perspektiven lassen sich für eine Ausstellungsgeschichte der DDR aufzeigen? Welche Rolle spielten die Kulturdiplomatie und Außenpolitik für dieses Kapitel der Kunstgeschichte? Forscher:innen geben Einblick in ihre aktuellen Projekte zur Ausstellungsgeschichte der DDR und laden die interessierte Öffentlichkeit und Zeitzeug:innen zur Diskussion ein.

Programm:

15.00–16.30 Uhr:
Einführung durch die Organisator:innen: Neue Forschungsperspektiven auf internationale Kunstausstellungen in der DDR

Elke Neumann (Berlin): Die Biennale der Ostseeländer – eine internationale Kunstausstellung und der Ursprung der Kunsthalle Rostock

Annabel Ruckdeschel (Gießen): Die INTERGRAFIK Triennale in Ost-Berlin – eine internationale Austauschplattform für grafische Kunst

Kristian Handberg (Kopenhagen): Danish Artists at Biennale der Ostseeländer and INTERGRAFIK – the artist as activist or diplomat?

16.30–17.00 Uhr: Pause

17.00–18.30 Uhr:
Sophie Thorak (Cottbus): „Wir, die Künstler aus vielen Ländern“. Repräsentationen Vietnams und des Vietnamkriegs auf der INTERGRAFIK

Maija Koskinen (Turku): Building cultural realtions between Finland and the GDR: New postwar art from the GDR in Helsinki in 1959 and Finnish artists at the Biennale der Ostseeländer

Gemeinsame Diskussion: DDR-Kunst und die Welt

Die Veranstaltung findet in deutscher und englischer Sprache statt.

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3. Juli 2023, 15.00–18.00 Uhr
OFFENE WERKSTATT No. 2: Art in Networks: The GDR and its Global Relations (1949–1990)

Organisiert von Kerstin Schankweiler, Nora Kaschuba und Jule Lagoda

Im Forschungsprojekt „Art in Networks. The GDR and its Global Relations (1949–1990)“ ist eine digitale Forschungsplattform entstanden, die die internationalen Beziehungen von Künstler:innen, Architekt:innen, Museen und Kulturakteur:innen aus der DDR in zahlreichen Interviews dokumentiert. Die Website wird in kurzen, im Verlauf des Nachmittags wiederholten Einführungen vorgestellt. Im Anschluss kann die Website durchsucht und die Interviews angeschaut werden. Die anwesenden Wissenschaftler:innen stehen für einen Austausch über die Inhalte zur Verfügung und geben parallel Einblicke in die Arbeit mit Interviews in der Kunstgeschichte. Welche methodischen Vorteile und Herausforderungen ergeben sich im Umgang mit Erinnerungen und Emotionen in Zeitzeug:innenberichten? Wie erweitern sie wissenschaftliche Perspektiven auf transkulturelle Kunstgeschichte(n) der DDR? Zum Abschluss gibt es einen Ausblick auf das nächste Forschungsprojekt „Affektive Archive – Auslandsreisen von Künstler:innen zur Zeit der DDR“.

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14. August 2023, 16.30–18.00 Uhr
OFFENE WERKSTATT No. 3: Netzwerke und Ausstellungsformate der Mail Art in der DDR

Organisiert von Sterre Bartensen und Marie Egger

Die dritte OFFENE WERKSTATT widmet sich der Mail Art der DDR und ihren Werken. Sie wirft einen Blick auf zwei Mail Art-Aktionen der Berliner Künstler Robert Rehfeldt und Joseph W. Huber, die 1975 und 1977 über das globale Netzwerk der Mail Art andere Künstler:innen dazu aufriefen, ihnen Werke zu verschiedenen Themen zuzusenden. Die so entstandenen Konglomerate wurden auf unterschiedliche Weise in Warschau und Berlin präsentiert. Der Workshop widmet sich diesen Präsentationen und fragt danach, wie der Austausch zwischen Künstler:innen im internationalen Netzwerk der Mail Art funktionierte und worin er resultierte: Welche Lösungen fanden Rehfeldt und Huber für die Präsentation der Postkunst? Mit welchen gesellschaftlichen, politischen und kunsttheoretischen Fragestellungen beschäftigten sich die frühen Mail Art-Aktionen in der DDR? Und welcher Werkbegriff lässt sich an Projekte wie diese anlegen? Sind die Konglomerate jeweils ein ‚Werk‘ Rehfeldts und Hubers, sind sie künstlerische Kooperationen oder in sich geschlossene Sammlungen? Vor dem Hintergrund ihrer aktuellen Forschungsprojekte stellen die Wissenschaftlerinnen zwei Mail Art-Aktionen vor, um dann gemeinsam mit den Besucher:innen des MINSK und mit den Kolleg:innen aus den anderen Workshops darüber zu sprechen, in welchem Verhältnis Werk und Sammlung im Genre der Mail Art stehen.

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Der Veranstaltungsort ist DAS MINSK Kunsthaus in Potsdam, Max-Planck-Straße 17, 14473 Potsdam.

Die Teilnahme an den Veranstaltungen ist im jeweiligen Ausstellungsticket inbegriffen.

„Kunst in der DDR in transkultureller Perspektive“ wird in der OFFENEN WERKSTATT vorgestellt, einem Angebot des MINSK Kunsthaus in Potsdam während der Ausstellung WERK STATT SAMMLUNG (02.06.2023–20.08.2023).

Quellennachweis: ANN: Kunst in der DDR in Transkultureller Perspektive (Potsdam, 19 Jun-14 Aug 23). In: ArtHist.net, 13.06.2023. Letzter Zugriff 15.06.2023. <https://arthist.net/archive/39536>.

„Werk statt Sammlung“ im Minsk: Was ist das eigentlich, DDR-Kunst?

Lena Schneider in: Tagesspiegel/PNN, 1.6.2023:

Bewusst kitzelt das Minsk Fragen heraus, die Direktorin Malavassi als elementar für das Haus bezeichnet: Was ist es wert, bewahrt und erinnert zu werden? Was ist das überhaupt, die sogenannte DDR-Kunst? Und nicht zuletzt: Wer darf DDR-Erinnerung zum Thema machen? weiterlesen…

DDR–Kunst zeigt Wandel des PCK

Ines Markgraf, Eva-Martina Weyer, in: Nordkurier, 28.05.2023:

Im Stadtmuseum Schwedt wurde in diesen Tagen eine Sonderschau eröffnet. Es ist die Kunstsammlung der PCK Raffinerie, die Werke bedeutender Maler enthält. weiterlesen…

Stadtmuseum Schwedt, 14. Mai bis 5. November 2023, www.schwedt.eu/de/stadtmuseum/aktuelles/industrielandschaft-schwedt-zwischen-identitaet-und-transformation/77848

Ausstellung „Ronald Paris und Helmut Symmangk – Malerfreunde”

Kuratorin der Ausstellung: Dr. phil. Gerlinde Förster
Mit Leihgaben aus der Prof.-Ronald-Paris-Stiftung und von Margit Symmangk

06. Mai – 30. Juli 2023 in der Willi-Sitte-Galerie Merseburg, Domstr. 15, 06217 Merseburg
www.willisitte-galerie-merseburg.de

Siehe auch: www.nd-aktuell.de/artikel/1173274.ausstellung-malerfreunde-ronald-paris-und-helmut-symmangk-inhalt-und-form-form-und-inhalt.html

Stadtmuseum Berlin erhält Werke des Berliner Malers Otto Nagel von Berliner Sparkasse

Stiftung Stadtmuseum Berlin, 4.5.2023:

Im vergangenen Jahr übereignete die Berliner Sparkasse einen Bestand von Werken des bedeutenden Berliner Malers Otto Nagel (1894-1967) aus ihrem Kunstbesitz dem Stadtmuseum Berlin als Schenkung. Nun sind die Bilder in die Sammlung übergeben worden. weiterlesen…

Rez. ZG: K. Rosenthal: POLIT-KUNST!?

Rosenthal, Kathleen, POLIT-KUNST!? Die bildende Kunst in der DDR und ihre Rezeption in der Bundesrepublik Deutschland bis zum Mauerbau. Köln 2022: Böhlau Verlag, ISBN 978-3-412-52597-2; 621 S., 70 Abb.; € 90,00

Rezensiert für H-Soz-Kult von:
Bernd Lindner, Leipzig

An Büchern und Katalogen, die sich mit der bildenden Kunst in der DDR und ihren unterschiedlichen Facetten auseinandersetzen, besteht mittlerweile kaum noch ein Mangel. Seltener sind Schriften, die sich mit ihrer Wahrnehmung außerhalb der DDR-Grenzen befassen, inklusive ihrer Rezeption in der Bundesrepublik Deutschland. Das betrifft gerade die Kunst aus der Frühzeit der DDR. Hier schließt der faktenreiche Band von Kathleen Rosenthal eine markante Lücke. Die Autorin zeigt, wie auch in der Kunst „bereits vor dem Mauerbau 1961 ein unüberbrückbarer Graben zwischen Ost und West entstanden war“ (S. 15) und welche Institutionen auf beiden Seiten darauf hingearbeitet haben. Rosenthal analysiert ausführlich das gesellschaftliche Umfeld, das in der jungen Bundesrepublik die öffentliche Meinung über die bildende Kunst aus der DDR bestimmt hat. Sie zeigt, wie dadurch „Denk- und Bewertungsmuster“ mit einer bis in die Gegenwart anhaltenden „Prägekraft“ (S. 18) geformt wurden. Rosenthals Beschränkung auf die Zeit bis zum Mauerbau erweist sich als kluge Konzentration auf die Entstehung und Beförderung von (Vor-)Urteilen im Westen Deutschlands, die primär vom „Abwehrgedanken“ (S. 514) gegen die „POLIT-KUNST in der sowjetischen Besatzungszone“ getragen wurden.

So lautete der Titel einer rund 50-seitigen Broschüre, die das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen von 1953 bis 1965 in sieben nur leicht modifizierten Ausgaben veröffentlichte. Darin fanden sich 18 schwarz-weiße Gemäldereproduktionen, die dem Katalog der Dritten Deutschen Kunstausstellung in Dresden 1953 entnommen waren. Dieser Katalog aber gab bereits ein „verzerrtes Bild“ der Ausstellung wieder, indem er „fast ausschließlich Werke mit einer im Sinne der SED ‚fortschrittlichen‘ Thematik“ (S. 219) zeigte. Sie machten indes nur ein Fünftel der Dresdner Schau aus. Mehr als ein Drittel waren dagegen impressionistisch gehaltene Landschaftsbilder. Dennoch stellte bereits der Einführungstext der Broschüre klar, dass sich „unter der Herrschaft der deutschen Bolschewisten […] ein Missbrauch und Verfall der Kunst“ vollzogen habe, der weit über das hinausgehe, „was im Nationalsozialismus stattgefunden hatte“ (zit. auf S. 215).

Mit diesem vernichtenden Urteil wurde „die bildende Kunst in der Sowjetzone“ einfach abgeschrieben. Mit totgesagten Dingen musste man sich aber nicht mehr näher beschäftigen. Stattdessen wurden die abschreckenden Beispiele der Dresdener Propagandakunstwerke wieder und wieder reproduziert. Kaum eingegangen wurde dagegen „auf die in der DDR erfolgte Kritik an der Ausstellung“ oder „auf die Liberalisierungstendenzen in Folge des Volksaufstandes vom 17. Juni“ (S. 226). Sie sorgten dafür, dass die meisten ideologielastigen Werke der Dritten Kunstausstellung rasch in den Depots verschwanden. Dennoch wurden sie in westdeutschen Publikationen weiterhin als prototypisch für die bildende Kunst der DDR dargestellt und waren damit meinungsbildend bis in höchste Regierungskreise hinein. So zitiert Rosenthal den Bundespräsidenten Theodor Heuss, der 1956 freimütig zugab, „noch keine Ausstellung der Sowjetzone“ besichtigt, dafür aber „repräsentative Abbildungsserien [davon] gesehen“ zu haben (S. 227). Gleichwohl fühlten er und andere sich legitimiert, die Kunst in der DDR undifferenziert mit derjenigen im Nationalsozialismus gleichzusetzen. Die eingängige Formel „Rot = Braun“ hatte Konjunktur.

Rosenthal belegt differenziert, dass in der Unkenntnis der realen DDR-Kunstentwicklung, mit all ihren schon damals vorhandenen Brüchen und Widersprüchen, ein wesentliches Manko der bundesdeutschen Kritik lag. Mehrheitlich fällte diese Kritik ihr Urteil ohne die Anschauung originaler Kunstwerke. Befördert wurde dies noch durch die weitgehende „Abwesenheit von Kunst aus der DDR […] im westdeutschen Kunstbetrieb“, an der auch die DDR ihren Anteil hatte. Geschuldet war sie vor allem der nach 1945 in den drei westalliierten Zonen forcierten „kulturellen Westbindung“ (S. 243ff.). Ein weiterer Faktor war die Tatsache, dass „der Gedanke einer kulturell verbürgten Einheit der Nation“ nach der Gründung der Bundesrepublik „sehr bald fallengelassen“ wurde. Damit erlosch „das Interesse an den Kunstdebatten und der Kunstentwicklung in Ostdeutschland […] fast gänzlich“, und es fanden „in der Folge keine Ausstellungen“ mehr statt, „die sich der Kunst aus der DDR widmeten“ (S. 339f.). Der Blick der westdeutschen Öffentlichkeit richtete sich fortan nahezu ausschließlich gen Westen, auf die „abstrakte Kunst als Ausdruck von Freiheit“ (S. 371ff.), die bewusst als Gegensatz zum Sozialistischen Realismus östlicher Prägung mit seiner figürlichen Bildsprache postuliert wurde.

Hinzu kam, dass man sich nicht näher mit Kunstwerken aus der DDR beschäftigte, sondern sich lieber an Zitaten aus kulturpolitischen Dokumenten und der Presse der DDR rieb. Deren dogmatischer Duktus musste auf westliche Leser in der Tat abschreckend wirken. Unterstellt wurde dabei unisono, dass sich die rigiden Vorgaben der SED-Führung zur Schaffung einer Kunst nach sowjetischem Vorbild eins zu eins in den Gemälden, Grafiken und Plastiken niederschlugen, die in der DDR entstanden. Dies war ein Vorurteil, das nicht belegt werden musste, da die Rezeption der Kunst aus der DDR im Westen – wie Rosenthal an konkreten Beispielen herausarbeitet – in den „wenigsten Fällen vom Werk selbst“ ausging, sondern „hauptsächlich über die Printmedien der DDR“ (S. 207) erfolgte, die parteipolitische Verlautbarungsorgane waren und die, anders als die Kunstwerke, kaum Zwischentöne zuließen.

Dabei war es Westdeutschen, vor allem aber West-Berlinern, bis zum Mauerbau 1961 jederzeit möglich, Ausstellungen und Galerien im Ostteil der Stadt zu besuchen. Aber auch engagierte Galeristen in den Westsektoren der Stadt zeigten in den ersten Nachkriegsjahren immer wieder Werke ostdeutscher Künstler. Der 1947 einsetzende Kalte Krieg bereitete dieser anfänglichen Offenheit „bald ein Ende. Grenzüberschreitende Aktivitäten wurden zunehmend unterbunden“ (S. 348). Rosenthal belegt dies eindrücklich am Schicksal der West-Berliner Galerie Franz, die bis 1951 mehrfach ostdeutsche Künstler ausstellte, darunter auch Werke von Fritz Cremer. Dann jedoch wurde eine erneute Schau seiner Arbeiten durch ein massives Polizeiaufgebot „noch während der Eröffnung am 23. Mai [1951] aus Angst vor kommunistischer Propaganda geschlossen“ (S. 350). Drei Wochen später wurde dem Galeristen endgültig der Gewerbeschein entzogen, weil es sich – so das Urteil eines West-Berliner Gerichts – bei Fritz Cremer um einen „ostzonalen Künstler“ handele und der Eröffnungsredner, der Schriftsteller Arnold Zweig, „gleichfalls Mitglied der sowjetzonalen Akademie der Künste“ und sogar deren Präsident sei (S. 355). Hiermit wurde ein Exempel statuiert, das die Präsentation ostdeutscher Kunst in West-Berlin künftig zu „einem besonderen Risiko“ (S. 356) machte.

Sowohl die westdeutsche Kunstpublizistik (S. 264ff.) als auch der Ausstellungsbetrieb in der jungen Bundesrepublik (S. 334ff.) zementierten im folgenden Jahrzehnt – wie Rosenthal detailliert belegt – die Festschreibung der Kunst in der DDR als „gleichgeschaltet und damit einförmig“ (S. 515). Zugleich zeigt die Autorin aber auch, wie offizielle Stellen der DDR durch die Errichtung bürokratischer Mauern immer wieder verhinderten, dass dieses einseitige Bild aufgebrochen werden konnte (S. 140ff.). So wurde die Beteiligung ostdeutscher Künstler:innen an Ausstellungen in der Bundesrepublik zunehmend reglementiert und genehmigungspflichtig. Die SED-Obrigkeit sorgte dafür, dass fast nur ihr genehme Arbeiten die Grenze gen Westen passieren konnten. Dennoch gelang es Künstlern wie Gerhard Altenbourg und Carlfriedrich Claus, deren Werke „im Widerspruch zum kunstpolitischen Ideal der DDR“ standen, bis 1961 die Chancen des noch ungeteilten Berlins zu nutzen, um sich im Westen einen Bekanntheitsgrad aufzubauen, der den Mauerbau überstand, obwohl beide Künstler zeitlebens in der DDR blieben (S. 408ff.).

Bei dem Buch handelt es sich um die laut Vorwort „nur geringfügig“ veränderte Drucklegung von Rosenthals 2021 an der Universität Bonn eingereichter kunsthistorischer Dissertation. Das merkt man den ersten beiden Kapiteln auch an. Das auf die Einleitung folgende Kapitel „Kunst und Kulturpolitik in der SBZ/DDR 1945 bis 1961“ hat über 100 Seiten – hier wären mutige Straffungen dem Buch zugute gekommen. Im dritten Kapitel, dem Kern der Arbeit mit rund 350 Seiten, bietet die Darstellung aber eine Fülle neuer Fakten, Zusammenhänge und Erkenntnisse zur Rezeption bildender Kunst aus der SBZ/DDR in der Bundesrepublik zwischen 1945 und 1961. Die Autorin arbeitet damit detailreich die Grundierung einer Sichtweise heraus, die weit über den benannten Zeitraum hinausgeht, mit Folgen bis in die unmittelbare Gegenwart: die nach wie vor verbreitete, wenn auch nicht mehr unbestrittene Behauptung vornehmlich westdeutscher Kritiker, dass Kunst aus der DDR generell ideologielastig und damit minderwertig sei. Kathleen Rosenthal ist Wegweisendes für eine differenzierende gesamtdeutsche Kunstgeschichtsschreibung gelungen.

Diese Rezension wurde redaktionell betreut von Jan-Holger Kirsch <kirsch@zzf-pdm.de>

URL zur Zitation dieses Beitrages
https://www.hsozkult.de/publicationreview/id/reb-131532

CfP: Künstler:innen der DDR (Potsdam, 21-22 Sep 23)

Am Neuen Palais 10, 14469 Potsdam, 21.–22.09.2023
Eingabeschluss: 26.05.2023

[English version below]

(Selbst-)Erzählungen und Umbruchspuren im Œuvre von Künstler:innen der DDR.

Der Workshop des vom Schweizerischen Nationalfonds Bern finanzierten Forschungsprojektes „Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst“ findet in der zweiten Hälfte September 2023 statt. Neben geladenen Gästen können sich auch Nachwuchswissenschaftler:innen auf diesen Call mit einem Beitrag bewerben.

Unter dem Titel „(Selbst-)Erzählungen und Umbruchspuren im Œuvre von Künstler:innen der DDR“ begibt sich der Workshop auf die Suche nach einem prekären Verhältnis, und zwar demjenigen zwischen künstlerischer Praxis und der Selbsterzählung als einer Gattung erzählerischer Lebensdarstellung.

Die Selbsterzählung wird als soziale Wissensform und als ideengeschichtlich gespeistes kulturelles Muster befragt, das Konzepte von Individualität und Identität in Gestalt diverser Materialien hervorbringt. Bei dem anvisierten Verhältnis von Erzählung und künstlerischer Praxis ist weniger von einem illustrierenden oder vermittelnden Verhältnis auszugehen, als von einem performierenden. Denn sowohl für die Erzählung wie für die künstlerische Praxis ist auch das bedeutsam, was nicht gesagt und nicht gezeigt wird. Gerade die Auslassungen und Hervorhebungen vermögen etwas von der Konfiguration des Selbst zu zeigen; insbesondere dessen Einbettung in die Lebenswelt der DDR. Demnach ist eine Selbsterzählung weder reine Fiktion noch eine getreue Wiedergabe aller Handlungen und Zufälle eines Lebens, sondern vielmehr ein sich stetig erneuerndes Plausibilisieren erzählerischer Zusammenhänge.

Unter selbsterzählerischen Quellen subsumieren sich Tagebucheinträge, Fotografien, Künstler:innenbücher, Notizen, Briefe, Postkarten, Plakate, (literarische) Schriften, Filme und Quellen der Oral History wie etwa Interviews mit Künstler:innen. Selbsterzählungen dieser Art befragt der Workshop mit Blick auf Künstler:innen der DDR und ihrer Werke, indem untersucht wird, wie künstlerische Überzeugungen in Beschreibungen des eigenen Lebens einfließen und umgekehrt autobiografische Erlebnisse in die Kunst: Wo beginnt das Œuvre und wo hört es auf? Wie kann durch die Linse ihrer autobiografischen Zeugnisse das Œuvre von Künstler:innen aus der DDR gesehen und (neu) interpretiert werden? Geben autobiografische Selbstthematisierungen kritischer Lebensereignisse Aufschluss über mehr oder weniger parallele Richtungswechsel im künstlerischen Schaffen?

Bei Interesse senden Sie bitte bis zum 26. Mai 2023 ein Abstract (max. 900 Zeichen inkl. Leerzeichen, halbe DIN A4-Seite) für einen 20-minütigen Vortrag, sowie einen kurzen CV per E-Mail an Anna Leonie Grimm (anna.leonie.grimm@uni-potsdam.de). Reise- und Übernachtungskosten können bei Bedarf bezuschusst werden.

Der Workshop wird vom Team des Forschungsprojekts „Geschichtsbilder in der Gegenwartskunst“ (www.gbgk.de -geleitet von Melanie Franke) an der Universität Potsdam realisiert. Er wird ermöglicht durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) in Bern und die Förderung des Wissens- und Technologietransfers (FöWiTec) an der Universität Potsdam.

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(Self-)Narratives and Traces of Upheaval in the Œuvre of Female Artists of the GDR

The workshop of the “Images of History in Contemporary Art” research project funded by the Swiss National Science Foundation (SNSF) in Berne will take place in the second half of September 2023. Besides invited guests, young researchers can also apply to this call with a paper.

With the title “(Self-)Narratives and Traces of Upheaval in the Oeuvre of Female Artists of the GDR”, the workshop will embark on the search for a precarious relationship, namely that between artistic practice and the self-narrative as a genre for narrative depiction of a life. The self-narrative will be examined as a social form of knowledge and as a cultural pattern arising from the history of ideas that engenders concepts of individuality and identity in the form of a range of materials. The relationship between narrative and artistic practice that is targeted presumes less an illustrating or mediating relationship than a performing one. This is because for both the narrative and the artistic practice, what is not said and not shown is also meaningful. Precisely what is left out and emphasized can show something of the configuration of the self, in particular its embedding into the lifeworld of the GDR. Hence, a self-narrative is neither pure fiction nor a faithful rendering of all of a life’s actions and coincidences, but rather a plausibility test of narrative contexts that constantly renews itself.

Self-narrative sources include diary entries, photographs, artists’ books, notes, letters, postcards, posters, (literary) writings, films and oral history, such as interviews with artists. The workshop will examine self-narratives of this type with a view to female artists in the GDR and their works, investigating how artistic convictions feed into descriptions of one’s own life, and vice versa, namely how autobiographical experiences feed into art: where does the oeuvre begin and where does it end? How can the oeuvre of artists from the GDR be seen and (re-)interpreted through the lens of their autobiographical writings? Do autobiographical self-thematisations of critical life events provide insight into more or less concurrent changes in direction in the artistic work?

If you are interested, please send an abstract for a 20-minute talk (max. 900 characters incl. spaces, one-half DIN A4 page) and a short CV by 20 May 2023 by e-mail to Anna Leonie Grimm (anna.leonie.grimm@uni-potsdam.de). Travel and accommodation costs can be subsidised if required.

The workshop will be carried out by the team of the “Images of History in Contemporary Art” research project (www.gbgk.de- led by Melanie Franke) at the University of Potsdam. It is enabled by the Swiss National Science Foundation (SNSF) in Berne and the promotion of science and technology transfer (FöWiTec) at the University of Potsdam.

Reference / Quellennachweis:
CFP: Künstler:innen der DDR (Potsdam, 21-22 Sep 23). In: ArtHist.net, Apr 27, 2023. <https://arthist.net/archive/39162>.