Einführungstexte

Pressedossiers

Literatur

Bilddossiers

Bilddossierzeithistorisches DokumentReprintKurze Bildbesprechung

Diana Kopka

Arno Rink, Liebespaar (1976)

Das Gemälde Liebespaar wurde im Herbst 1977 auf der „VIII. Kunstausstellung der DDR“ in Dresden gezeigt. Rink war mit fünf Ölgemälden und 2 Radierungen in der Ausstellung vertreten. Sie glänzte durch eine unglaubliche Fülle an Werken, über 3000 Arbeiten wurden ausgestellt. Im wissenschaftlichen Beitrag zur Malerei im Ausstellungskatalog vermerkt Klaus Weidner folgendes: „Gerade in den letzten Jahren ist uns aber auch der Wert des scheinbar Privaten in der Kunst deutlich geworden. Die Liebe und die Familienbeziehungen werden mehr als früher als Themen der Kunst aufgegriffen, […].“[1]

Arno Rink, 1940 im thüringischen Schlotheim geboren, studiert ab 1962 an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst. Im Grundstudium hat er Aktzeichenunterricht bei dem damals erst 33-jährigen Oberassistenten Werner Tübke. Die Vorbildwirkung des Lehrers bleibt erhalten, als Rink in die Fachklasse von Professor Bernhard Heisig aufgenommen wird. In den kleinen Klassen der Leipziger Hochschule mit zwei, drei Studenten pflegen die Lehrer einen elitären, engen Kontakt zu den Studenten. Der „Boss“ Heisig zeichnet sich durch einen hohen Qualitätsanspruch und differenzierte künstlerische Vorstellungen aus, er vermittelt seine eigenen Vorbilder an die Studenten.[2] 1967 schließt Rink sein Studium ab, bleibt allerdings der Hochschule verbunden. Im Folgenden nimmt er 1975 eine Dozentur in Leipzig an, während der auch das Gemälde Liebespaar entsteht. Rink malt nur wenig in diesen Jahren, das Werkverzeichnis nennt für das Jahr 1976 nur das eine, 1978 bereits für die Kunstsammlungen Chemnitz erworbene, Bild.[3]

Das dargestellte Liebespaarliebkost sich in einer heiß trockenen Ebene. In warmen Tönen gehalten, zeigt Rink nur an den Bildrändern begrenzende Konturen. Die Sonne wärmt die nackten Körper. Mann und Frau scheinen im Liebesspiel vereint. Der weibliche Körper zeichnet sich durch eine sehr helle Hautfarbe aus. Die Schatten schimmern Grau und Blau. Das Paar ist nur durch seine Rückenakte wahrnehmbar, die Gesichter verdeckt durch das Verwobensein der Arme. Die sichtbare Hand der Frau stellt Rink in der Bewegung dar, zärtlich sucht sie ihn. Anatomisch ist eine Verzerrung erkennbar. Sie schmiegt sich mit dem rechten Bein an seinen Unterleib. Grazil setzt sie nur ihren Zeh zum Abstützen auf. Grandios ist, wie der Künstler die Plastizität herausarbeitet. Im Kontrast zum femininen Körper ist die maskuline Muskulatur deutlich sichtbar, kräftig sein Körperbau, doch auch er zärtlich in den Berührungen. Gerade die weibliche Rückenpartie ist mimetisch gestaltet, die Muskeln des Mannes dagegen resultieren nicht aus dem Anatomiestudium. Die Disparität, das Nebeneinander von Ungleichem in den Bildern Arno Rinks kann als eines seiner stilistischen Merkmale benannt werden.[4]

Der wahrgenommene Realismus des ersten Betrachterblickes wird bei genauerem Hinsehen gebrochen, manch ein Detail vernachlässigt der Künstler ganz bewusst, die Vorzeichnung hinsichtlich des linken Beines der Frau lässt er unausgefüllt. Die Körper weisen nichts Erdenschweres auf, sie sind in einer sich windenden Bewegung gezeigt. Das Paar schwebt im Bildraum. Streng nach dem Vorbild der Alten Meister malt Rink die Arbeit auf Holz, lasiert den Farbauftrag und zeigt sein technisches Können. Der Maler schafft im Gemälde eine eigene Welt, in der die Realität künstlerischen Gesetzmäßigkeiten unterworfen ist. Fast schon surrealistisch legt Rink das Paar ins Bild. Die innere Erregung des Paares ist Träger der Bildidee. Rink lotet die Grenzen des künstlerisch Zeigbaren aus. Er arbeitet nicht nach dem Modell, sondern aus der Verstellung heraus.[5] Gemälde zum Thema „Liebespaar“ finden sich im Schaffen des Künstlers mehrere. Für Rink ergibt sich eine spannungsreiche Verbindung aus Freude am Aktzeichnen in Hinblick auf die sinnlichen Linien und die Berührung mit dem Themenkreis Leben, Tod und Liebe, der zentral im Schaffen des Künstlers verhaftet ist.[6] Eine Grundidee ist jedem Werk eingepflanzt, sie treibt Wurzeln, vernetzt Werke untereinander, bei denen Rink die Idee allerdings stets von neuem auslotet.

Kernpunkt der Darstellung ist das Zusammenwirken aus Realismus und Surrealismus, das sicherlich eine Begründung findet in seiner künstlerischen Ausbildung aber auch in der Liebe Rinks zu der Malerei eines Pablo Picasso und Salvador Dalí. Allerdings betont er stärker einige gute Bilder der Künstler als Anreger, als dass er nur auf die Vorbilder schaut.[7] Arno Rink, als Teil der Leipziger Schule, prägt die Hochschule für Grafik und Buchkunst durch seine Lehrtätigkeit entscheidend mit. Gerade in den 1980er Jahren wird seine Klasse eine Malhaltung im Widerspruch zu der Heisig-Klasse bilden. Rink betont stärker das Zeichnerische, alles hat eine klare Form. Heisig legt dagegen den Schwerpunkt auf das Malerische, das Expressive sollte durch die Formensprache zum Ausdruck gebracht werden.[8] Diese unterschiedlichen Fixpunkte finden sich heute wunderbar aufgesogen und neu ausgelotet im Werk von Neo Rauch, der bei Bernhard Heisig Meisterschüler war, danach eine Assistenz bei Arno Rink antrat und 2005 dessen Professur übernahm.

Anmerkungen

[1] Weidner, Klaus: Malerei. In: VIII. Kunstausstellung der DDR, Ausst.-Kat. Dresden. Hrsg. vom Ministerium für Kultur d. DDR; Verb. Bildender Künstler d. DDR. Berlin 1977. S. 12.

[2] Rink, Christine: Leben mit dem Original. In: Arno Rink - Malerei und Zeichnung: Ausst.-Kat. zu den Ausstellungen in der Kunsthalle der Sparkasse Leipzig und in der Galerie Schwind, Frankfurt am Main, hrsg. von Karl Schwind [Werkverz.: Karl Schwind.] München 2010. S. 110.

[3] Arno Rink 2010. Wie Anm. 2. S. 220 / Zählung 76.1.

[4] Honnef, Klaus: Arno Rink In: Arno Rink, 2010. Wie Anm. 2. S. 11.

[5] Rink, Christine 2010. Wie Anm. 2. S. 115.

[6] Schumann, Henry: Ateliergespräche. Leipzig 1976. S. 234.

[7] Schumann, Henry 1976. Wie Anm. 6. S.232-233.

[8] Rink, Christine 2010. Wie Anm. 2. S. 115-116.

Literatur

Schumann, Henry: Ateliergespräche. Leipzig 1976. S. 228-241, S. 295-296.

Arno Rink - Malerei und Zeichnung: Ausst.-Kat. zu den Ausstellungen in der Kunsthalle der Sparkasse Leipzig und in der Galerie Schwind, Frankfurt am Main, hrsg. von Karl Schwind [Werkverz.: Karl Schwind.] München 2010.

Zitierempfehlung: Diana Kopka: Bilddossier zu "Liebespaar" (1976) von Arno Rink, August 2012. In: Kunst in der DDR, URL: <https://www.bildatlas-ddr-kunst.de/knowledge/630>

Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)