„Jetzt ist aber mal Schloss“

Seit über zehn Jahren fordern Bürger die Sanierung, nun sind sie fast am Ziel: Die historische Turmvilla in Biesdorf wird zum Kunsthaus ausgebaut.

Der Tagesspiegel vom 1.08.2012: „Das Feuer wütete im April 1945. Es heißt, Nazis hätten es gelegt. Seither ist das Schloss Biesdorf ohne Obergeschoss. Nun wird das denkmalgeschützte Gebäude saniert, es bekommt das fehlende Stockwerk zurück. Nach Ende der Arbeiten im Jahr 2015, so der Plan, öffnet die spätklassizistische Turmvilla als Kulturhaus mit Gastronomie. Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf sucht dafür einen Betreiber und hat ein europaweites Interessenbekundungsverfahren gestartet.

Ins Obergeschoss kommt eine Gemäldehalle für die Galerie „Bilderstreit“, eine ständige Ausstellung von Bildern, Aquarellen und Zeichnungen aus dem Kunstarchiv Beeskow. Die Werke von ostdeutschen Künstlern gehörten vor der Wende Staatsorganen und Parteien der DDR.

Als Kontrast will Kulturstadträtin Juliane Witt (Linke) aktuelle Kunst ins Haus hängen. Im Erdgeschoss sind wechselnde Ausstellungen geplant, Konzerte, Lesungen, Tagungen, Gastronomie. „Wir wollen das Schloss als historischen Ort erlebbar machen“, sagt Stadträtin Witt. Das Gebäude erhält zudem barrierefreie Zugänge, Treppen werden modernisiert, Wände erneuert. Der künftige Betreiber, der sich bis 15. September bewerben muss, soll in Planung und Bau mit eingebunden werden, sagt Witt. Die Pläne entwirft das Wilmersdorfer Architektenbüro Pinardi. Das steht vor einer Herausforderung: Weil es nur Fotos gibt, aber keine genauen Pläne mehr von der Villa vor 1945, ist unklar, wie hoch das Obergeschoss wirklich war, sagt Immobilienstadtrat Stephan Richter (SPD). 7,5 Millionen Euro zahlen Stiftung Klassenlotterie, EU und Bezirk für die Sanierung, wobei Marzahn-Hellersdorf mit 250 000 Euro den geringsten Beitrag leistet. Unberührt von den Plänen bleiben die Parkbühne und der Schlosspark.

Eigentlich sollte die Sanierung längst laufen. Doch wie in Berlin nicht unüblich, verzögerte sich auch dieses Bauprojekt. Anfang 2013 beginnen nun die Arbeiten, sagt Witt. Der Senat muss die Pläne noch abnicken. Auf den Start wartet Heinrich Niemann von der „Stiftung Ost-West-Begegnungsstätte Schloss Biesdorf e. V.“ seit mehr als zehn Jahren. Die Stiftung trug dazu bei, die Sanierung anzustoßen – zu diesem Zweck hatte sie sich 2001 gegründet. Im Jahr nach der Gründung begann sie mit der Renovierung der ruinösen Fassade für etwa 1,75 Millionen Euro aus Fördergeldern.

Das Schloss Biesdorf wurde 1868 auf dem Gelände eines Rittergutes erbaut. 1887 übernahm der Industrielle Werner von Siemens das 600 Hektar große Gut. Sohn Wilhelm ließ den Landschaftspark gestalten. Seit 1927 gehört es der Stadt Berlin. Nach dem Brand im Jahr 1945 wurde die Villa provisorisch repariert, das Obergeschoss abgetragen. Seit 1994 betreibt es der Verein Ball e.V., organisiert Konzerte, Lesungen, Ausstellungen, Keramikkurse. Der Verein hat mehrere Standorte im Bezirk, er beschäftigt Menschen aus der Arbeitsförderung, betreut Arbeitslose und leistet Lebenshilfe. Das Schloss will er nicht verlassen. „Vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit, mit dem neuen Betreiber weiterzumachen“, sagt Geschäftsführer Frank Holzmann. Dafür will er sich am heutigen Mittwoch, 1. August, einsetzen. Dann gibt es im Schloss um 16 Uhr eine Diskussionsrunde, in der besprochen wird, wie Akteure aus der Region miteinbezogen werden können. Sollte Ball e.V. das Areal verlassen müssen, würde der Alternativstandort – das einstige BSR-Gebäude gleich nebenan – intensiver als bisher genutzt werden, sagt Holzmann.“ weiterlesen

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