„Wo stehst Du mit deiner Kunst Kollege?“- Der künstlerische Umgang mit Ideologien im geteilten Deutschland

11.11. – 12.11.2010

Audimax, Bibliotheksneubau, Steubenstr. 6, Weimar

Raum 201 in der Mensa am Park, Marienstraße 15 b, Weimar

Die Ausstellung Sechzig Jahre. Sechzig Werke. Kunst aus der Bundesrepublik Deutschland von 49 bis 09 des Berliner Gropiusbaus stellte die Kunst vor allem unter das Motto des Artikels 5 Abs. 3 des Grundgesetzes, der die Freiheit der Kunst garantiert. Freiheit der Kunst?

Der Diskursbegriff von Michael Foucault und der damit einhergehende Tatbestand, dass kein Künstler außerhalb eines Diskurses und somit auch nicht außerhalb eines politischen Diskurses agieren kann, stellt diese Annahme in Frage. Im Zuge der so genannten Studentenrevolten in den 1960er Jahren und 1970er Jahren beziehen immer mehr Künstler politisch Stellung und suchen nach neuen künstlerischen Wegen, um Politik und Kunst zu verquicken. Das 1966 in der Beuys-Klasse entstandene Bild Jörg Immendorffs Hört auf zu Malen und seine damit verbundene Forderung: „Ich wollte mit der Kunst für ein besseres Leben eintreten“ werden zum Programm. Die Realisierung dieses „besseren Lebens“ basiert auf den Schriften Maos, Lenins und auch Marx und wird mit den Reden und Schriften Rudi Dutschkes aber auch der Frankfurter Schule proklamiert.

Michael Foucault versteht als Doktrin einen verbindlichen Diskurs, der zur Zusammengehörigkeit unendlicher Individuen dient, die sich den Regeln und Definitionen eben jenes voll ergeben. In diesem Sinne stellen viele Künstler ihre Kunst in den Dienst der autoritären Bewegung und somit der sozialistischen Doktrin, um einen Ausweg und eine Antwort auf die von ihnen als autoritär wahrgenommene und Notstandsgesetze erlassende Staatsmacht zu suchen. Wie im Falle Joseph Beuys wird die Kunst selbst zu einer Aktion ausgeweitet, die das Individuum zur Mündigkeit in einer Basisdemokratie erziehen soll.  Erziehung gilt hier als Stichwort und die Formel des Künstlers als Erzieher wird nicht nur durch die Lehrtätigkeit vieler Künstler an Schulen sondern auch durch die Filme Harun Farockis evident. Claude-Henri des Saint Simon stilisierte den Künstler schon Anfang des 19. Jahrhunderts zum Propheten, dessen Aussagen „selbsteinlösend“ sind, da sie direkt auf das Handeln der Menschen einwirken und somit die Realisation der Utopie ermöglichen können. Indem der Künstler seine Leidenschaften und Überzeugungen in sein Werk einfließen lässt, sie also an es abgibt, kann er den Betrachter, auf den sich diese Leidenschaften und Überzeugungen übertragen, emotional und letztendlich zur Aktion bewegen. Der Künstler sollte also in einer neuen sozialen Ordnung eine beratende, exekutive Rolle spielen. Die Regierenden der DDR scheinen diese Ideen eins zu eins aufzugreifen, da sie ganz im Sinne Lenins den Künstler als „Schräubchen und Rädchen“ im Aufbau des Sozialismus einsetzen. Der Bitterfelder Weg und die programmatische Rede von Walter Ulbricht auf der 1. Bitterfelder Konferenz 1959 sendete die Künstler in die Betriebe zur Bewusstseinsbildung der Arbeiterschaft und letztendlich zur Erziehung der Künstler zur Sicht des Neuen, um somit die Kreation des sozialistischen neuen Menschen voranzutreiben.

Die Tagung soll der Analyse der Stellungnahme und des Umgangs der Künstler im geteilten Deutschland  mit den herrschenden politischen Diskursen und Doktrinen gewidmet werden. Es sollen ebenfalls die Spannungen und Wechselspiele zwischen Regierenden und den Künstlern beleuchtet werden. Wie gestaltet sich in den einzelnen Fällen die Verzahnung von Kunst und Politik? In diesem Zusammenhang wird ebenfalls die Frage der Positionierung des Künstlers als Künstlers aufgeworfen und welche Rolle er sich selbst im Staat zuordnet.

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